Verlagsmenschen sind Überzeugungstäter:innen. In München gibt es davon besonders viele: Mit über 140 Verlagen, die jährlich mehr als 8.000 neue Bücher produzieren und dabei rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz erzielen, gehört die bayerische Landeshauptstadt zu den größten Verlagsstädten der Welt. Verlagshäuser wie C.H. Beck, Piper, Hanser oder Random House sind hier angesiedelt. In der Branche geht es kollegial zu, das große Geld lockt bei unzähligen zu prüfenden Manuskriptseiten nicht: Für die Arbeit lesen Lektor:innen häufig in ihrer Freizeit, Durchschnittsgehälter schneiden im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen deutlich schlechter ab. Eine Prise Idealismus braucht es also, um Verleger:in zu werden. Und eine klare Vision dazu.
Verlag mal anders
Abgeschreckt hat das die fünf Freundinnen Laura Nerbel, Lydia Hilebrand, Jessica Taso, Sarah Zechel und Elena Straßl nicht. Seit 2019 hat München einen unabhängigen Verlag mehr. Mit &Töchter verwirklichten die Buchwissenschaftlerinnen ihren Studientraum: „Wir haben uns zuallererst aus Liebe zu den Büchern als Buchverlag gegründet, weil wir gerne Bücher produzieren und verkaufen wollten. Wir wussten aber von Anfang an: Ein ganz klassischer Buchverlag passt nicht zu uns. Es muss digitaler sein“, sagt Elena Straßl, die sich um Veranstaltungen und Vertrieb bei &Töchter kümmert.
Digitale Konzepte, innovative Vermarktungsansätze und nachhaltige Buchproduktion – so will &Töchter den Zeitgeist treffen: „Der Zusatz hinter unserem Namen ‚Verlag und mehr‘ steht dafür, dass wir uns mit anderen Mitteln präsentieren. Zum Beispiel mit einem Podcast und einer Veranstaltungsreihe“, erklärt Straßl.
Mit diesen Angeboten tritt &Töchter auf einen Markt, in dem es immer schwerer wird, Leser:innen zu erreichen. Die Konsumgewohnheiten haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert: Ein riesiges Angebot an Inhalten auf vielen verschiedenen Plattformen sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeitsspanne nachlässt. Medien werden oft nebenbei konsumiert. Doch Lesen erfordert Aufmerksamkeit; eine Fähigkeit, die man kaum noch mit Entspannung oder Freizeit in Verbindung bringt. Das ist laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung der häufigste Grund, warum Leser:innen immer seltener zum Buch greifen. „Dass Leser:innen verloren gehen, ist ein sehr präsentes Thema in der Verlagsbranche, schon seit den letzten zehn Jahren. Man muss da aufpassen, dass sich nicht ein Gefühl von ‚wir gegen den Rest der Welt‘ im Literaturbetrieb einstellt“, meint Elena Straßl.