Allianzen: Wie Medienhäuser ihre Kräfte bündeln

Von Lisa Priller

Wandel braucht Synergien und keine Alleingänge. Medienhäuser folgen diesem Trend und schließen Bündnisse. Ob für die gemeinsame Nutzung von Daten, für die Entwicklung digitaler Angebote oder die Bereitstellung von hochwertigem Content – gemeinsam geht’s leichter. Wir stellen fünf Cases vor.

Quantyoo: Datenanalyse für private Radiosender

Medienunternehmen erheben auf ihren Onlineseiten Nutzer-Daten, sogenannte First Party-Daten. Um diese für Produktentwicklung, Marktforschung und Vermarktung sinnvoll nutzen zu können, haben sich elf private Radiosender, darunter Antenne Bayern, FFH, RTL Radio und Funkhaus Halle, zusammengetan und den gemeinsamen Daten-Dienstleister Quantyoo gegründet. Das Münchner Unternehmen kümmert sich um die Datenerhebung und stellt diese den Sendern rechtssicher und DSGVO-konform zur Verfügung. So haben alle teilnehmenden Stationen die Möglichkeit, von dem gemeinsamen Datenschatz zu profitieren.

Quantyoo unterstützt die Sender darüber hinaus auch in der Datenvisualisierung, Analyse und datenbasierter Planung. Ziel ist es, dass die Partner ihre Nutzer:innen mit personalisierten Angebote noch individueller ansprechen können. Dafür sind Data Expert:innen im Einsatz. Sie geben auf der Basis der gewonnenen Einsichten ihr Feedback, wie die teilnehmenden Häuser ihre jeweiligen Plattformen sowie ihre Ansprache weiter optimieren können.

Drive (Digital Revenue Initiative) schafft persönliches Leseangebot

Die besten Artikel aus verschiedenen Tageszeitungen in einem einzigen Format lesen? Das geht – und zwar mit dem persönlichen Leseangebot Drive (Digital Revenue Initiative). Mehrere bayerische Publikationen, die Mittelbayerische Zeitung, das Oberbayerische Volksblatt sowie die Mediengruppe Oberfranken, haben sich der von Meinolf Ellers (dpa) und der Unternehmensberatung Schickler initiierten Kooperation angeschlossen.

Die teilnehmenden Verlage stellen ihre Inhalte in einer Cloud zur Verfügung. Eine KI sucht dann Beiträge nach den jeweiligen Vorlieben der Drive-Abonnent:innen zusammen und spielt sie an diese aus. Das nennt man datengetriebene Personalisierung. Das „Best-of“-Angebot soll mittelfristig zu mehr digitalen Erlösen für regionale Zeitungsverlage führen.

Drive bricht mit seinem Ansatz das Prinzip „Ein Angebot für alle“, wissend, dass nicht jede:r Leser:in die gleichen Interessen hat. Übrigens: 2021 wurde Drive mit dem Global Media Award als weltweit beste Brancheninnovation des Jahres ausgezeichnet.

Mehr zu KI im Journalismus liest du hier.

D-Force: Gemeinsame Vermarktung von Addressable TV

Erstmals haben sich mit ProSiebenSat.1 und RTL Deutschland zwei große Medienhäuser für die gemeinsame Vermarktung von Addressable TV zusammengetan. Das hat für großes Aufsehen gesorgt, eigentlich handelt es sich hier ja um Konkurrenten im gleichen Spielfeld.

Doch das Adtech-Bündnis weiß, dass das Geschäftsfeld Addressable TV nicht jeder für sich allein zielführend beackern kann. Unter Addressable TV versteht man das gezielte Aussteuern von Fernsehwerbung auf SmartTVs, also Fernsehgeräten mit Internetverbindung. Sie kann selektiv, also regional, national oder nach verschiedenen Zielgruppen im linearen Programm ausgestrahlt werden.

Noch sind die Umsätze überschaubar, aber die Sender versuchen, gemeinsam diesen wachsenden Werbemarkt zu erschließen und im Kampf um die Werbegelder den internationalen Tech-Plattformen sowie Streaming-Anbietern etwas entgegensetzen zu können. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Kampagnen besonders einfach eingebucht werden können, denn beide Häuser nutzen die gleiche Technologie.

© Adobe Stock / Nmedia

NetID: Login-Service für Online-Dienste

Die Log-in-Allianz wurde 2018 von ProSiebenSat.1, RTL Deutschland und United Media gegründet, inzwischen ist auch die Telekom an Bord. Die NetID ist eine zentrale Schnittstelle für die Anmeldung auf zahlreichen Online-Diensten, beispielsweise den Internet-Angeboten der Partner. Aber auch weitere Unternehmen wie Süddeutsche Zeitung, Antenne Bayern, dpd oder C&A sind dabei.

In der Praxis funktioniert der Service ähnlich wie der Login über Facebook oder Google. Beim Anmelden wählen User:innen die NetID-Option. Der Vorteil ist, dass man nur ein einziges Passwort für alle NetID-Partner braucht. Ein weiterer Pluspunkt der Net-ID: der Datenschutz. Die Daten der Nutzer:innen werden nämlich ausschließlich in Europa gespeichert.

Um die Attraktivität weiter zu erhöhen, ging die Net-ID zuletzt eine Partnerschaft mit Usercentrics, einer Consent Management Plattform, ein. Der Hintergrund: Webseitenbetreiber müssen eine datenschutzrechtliche Einwilligung der Besucher:innen einholen und speichern, bevor Nutzerdaten über Website-Skripte erfasst werden dürfen. Publisher und Werbetreibende sollen jetzt die Möglichkeit erhalten, das Consent Management und den Login Service miteinander zu verknüpfen. Das Zustimmungsmanagement soll so für Partner und User:innen übersichtlicher werden.

pub.: Digitale Produktentwicklung von BR und SWR

Auch im Informationsbereich sind die Zeiten längst vorbei, in denen Menschen Nachrichten, Wetter- oder Verkehrsinformationen rein linear über Hörfunk oder Fernsehen nutzen. Heute werden diese Dienste zunehmend auch über Sprachassistenten, Apps oder PKW-Entertainment-Systeme abgerufen. pub., kurz für Public Value Technologies, eine gemeinsame Tochter von BR und SWR, soll künftig dafür neue Tools und Features liefern. Durch die gemeinsame Allianz wollen die beiden Medienhäuser die Palette an digitalen Lösungen erweitern und so der fortschreitenden Digitalisierung und rasanten Entwicklung am Markt Rechnung tragen.

Die pub. wurde erst Anfang 2022 gegründet, einiges aber wurde bereits vor dem Start auf den Weg gebracht. So ist beispielsweise die ARD Audiothek sowohl für die Amazon-Sprachassistentin Alexa als auch für den Google Assistant abrufbar. Dadurch steht das gesamt Podcast- und Sendungsportfolio on-Demand über die Sprachassistenten zur Verfügung.

Im Bereich Car-Infotainment gibt es die Funktion „Radio zum Nachhören“. Und wer im Auto die Funktion „Drive by Bayern“ der BR Radio App zum Beispiel auf dem Handy nutzt und auf der Autobahn an einer der hellbraunen Tafeln vorbeifährt, die auf regionale Sehenswürdigkeiten verweisen, erhält interessante Infos passgenau zur Wegstrecke. Aufgabe der pub. ist es, an solchen Entwicklungen anzuknüpfen oder auch völlig neue Angebote zur Verfügung zu stellen.

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