Best of Social 2021: Aktuelle Trends im Expert:innen-Check
Personal Branding, Content mit Haltung oder der Einsatz von Deep Fake: Welche Themen treiben aktuell die Social-Media-Landschaft um? Wir haben mit Expert:innen aus der bayerischen Medienbranche gesprochen.
🗯 Haltung im Social Media Marketing – geht es in Zukunft überhaupt noch ohne?
Helge Ruff, Geschäftsführer der Münchner Agentur OneTwoSocial
Helge Ruff, Geschäftsführer OneTwoSocial
„Der Einfluss von Marken hat heutzutage eine noch größere Bedeutung. Konsumenten – vor allem Millennials – entscheiden sich nicht mehr nur für ein Produkt, sondern auch für das Lebensgefühl, das die Marke dahinter vermittelt. Um sich im Content-Wettbewerb durchzusetzen, kann es für Marken ein Vorteil sein, Haltung zu bekennen – das zeigt Authentizität und schafft einen gewissen Vertrauensfaktor zwischen User und Marke. Von großen Marken wird fast schon erwartet, dass sie ihre „Vorbild-Rolle“ nutzen und klar Stellung zu gesellschaftlichen und politischen Themen beziehen. Das Wichtig dabei ist, nicht auf jeden Trend aufzuspringen, sondern sich für Themen starkzumachen, die zur Unternehmensphilosophie passen.“
🗯 Personal Branding und Authentizität – geht das auf einer Plattform wie LinkedIn zusammen?
Selena Gabat, Head of Marketing bei LinkedIn DACH
Selena Gabat, Head of Marketing LinkedIn DACH
„Wer seine Personal Brand aufbaut, muss unbedingt authentisch sein, denn nur so ist sie glaubwürdig und keine bloße Fassade. Und das ist relativ simpel: Wir sollten nur Stärken betonen sowie Themen nach außen tragen, hinter denen wir stehen. Unsere Mitglieder sind bereit sich zu vernetzen und offen für neue Ideen. Hier können sie ihre eigene Brand präsentieren, um potenzielle Arbeitgeber:innen anzusprechen oder wichtige Kontakte zu knüpfen. Gerade die Corona-Krise hat den Wunsch nach solch einem persönlichen Austausch noch einmal verstärkt. In einer so unsicheren Zeit wie jetzt ist es umso wichtiger, das Gefühl zu haben, dass man nicht allein ist und ein unterstützendes Netzwerk um sich hat – genau das bietet LinkedIn.“
🗯 Welche Möglichkeiten bieten Deepfakes gerade mit Blick auf Social Media Plattformen?
Chris Böttcher, Hörfunkmoderator und Kabarettist mit Deepfake Expertise
Chris Böttcher, Hörfunkmoderator und Kabarettist
„Neu ist zuallererst der Überraschungsfaktor. Der Zuschauer traut seinen Augen nicht, weil er wirklich erstmal fragt: Ist das jetzt das Original oder nicht? Für mich ist das eine Nummer weiter in meiner künstlerischen Arbeit: Ich kann Songs nicht als „Chris Boettcher singt als Angela Merkel“ verkaufen, sondern als „Angela Merkel singt selbst“. Auch Duette und Dialoge zwischen Prominenten sind möglich. Natürlich muss ich denen immer noch meine Stimme leihen, denn die Stimme gut imitieren, das kann die Technik noch nicht. Auf den Social Media Plattformen sorgen derartige Clips für Aufmerksamkeit, und davon leben Bühnenkünstler ja. Aber Achtung: Um sich innerhalb der rechtlichen Vorgabe zu bewegen, muss das Ganze auf jeden Fall als Satire gekennzeichnet werden. Mit dem Namen im Abspann oder einer ähnlichen gut erkennbaren Stellungnahme.“
🗯 Warum ist TikTok mehr als eine Teenie-App?
Insa Heegner, Senior Account Managerin Rapid Peaks und Kolumnistin bei MEEDIA
Insa Heegner, Senior Account Managerin Rapid Peaks
„Das Besondere an TikTok ist nicht allein die Art und Weise, wie man als User Content rezipiert, sondern vor allem die Einfachheit, mit der man direkt in der App die Möglichkeit bekommt, eigenen, kreativen Video-Content zu erstellen. Mit den Bordmitteln der App können alle, ohne vorherige Expertise und unabhängig vom Alter, binnen Minuten zum Creator von kurzweiligen und kreativen Videoclips und somit ein aktiver Teil der Community werden. Egal ob auf TikTok oder anderswo: Diese Form des Contents wird uns definitiv erhalten bleiben, deswegen lohnt sich die Auseinandersetzung damit definitiv.“
🗯 Findet Investigativjournalismus mittlerweile auf Social Media Plattformen statt?
Verena Nierle, Leiterin Recherche/Data beim Bayerischen Rundfunk
Verena Nierle, Leiterin Recherche/Data Bayerischer Rundfunk
„Zusammen mit NDR, WDR und Report München haben wir uns eine Social Media Plattform vorgenommen: die „Hassmaschine Facebook“. Mit dem BR AI und Automation Lab setzten wir Machine Learning und Automation ein und programmierten aufwendige Skripte, um Inhalte automatisch zu extrahieren. Ein Informant hatte uns eine Liste mit etwa 200 rechtsextremen, meist geschlossenen Facebook-Gruppen gegeben. Aus einer eigens erstellten Datenbank mit Informationen aus rund zehn Jahren und etwa 2,6 Millionen Posts und Kommentaren konnten wir so Beleidigungen, Drohungen und verfassungsfeindliche Äußerungen herausfiltern und zeigen, wie Facebook beim Hass auf seiner Plattform versagt – die Welt wird digitaler und deswegen muss auch die Recherchetechnik digitaler werden.“
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