Dezentral senden: Cloudlösung für Radiostationen

Von Lukas Schöne

Einige Radiosender haben wegen der Corona-Krise bereits auf dezentrale Home-Studios umgestellt. Die Tendenz: steigend. Das bringt viele Herausforderungen mit sich – schließlich müssen Programm und Abstimmung zwischen Redaktion, Moderation und Technik weiterhin reibungslos laufen. Außerdem haben die wenigsten ein Sendestudio zuhause. Technische Lösungen bietet die bayerische Firma NexCast: mit radio.cloud, einer Cloud speziell für Radiostationen.

„Wir haben völlig unbewusst etwas gebaut, das jetzt für die Krise ganz gut passt.“ Als Christian Brenner aus München und seine Kollegen vor gut einem Jahr radio.cloud, in Bayern bekannt als BayCloudNet, programmiert haben, war die Corona-Krise noch lange nicht in Sicht. Ziel der Cloudlösung für Radiostationen ist es, die Arbeit moderner zu machen. Mobiles Arbeiten mit Tablet, Smartphone und Co. ist mithilfe der Cloud auch bei Radiosendern möglich. Voice-Tracking, also das flexible und automatisierte Ausspielen von vorproduziertem Content, soll einfacher werden.

All das sind technische Lösungen, die besonders in der momentanen Situation Radiosendern helfen können. Denn auch dort gilt natürlich: Social distancing und wenn möglich Homeoffice. Das ist gar nicht so leicht, da natürlich nicht jede*r Radiomacher*in daheim ein Sendestudio hat. Technik, Redaktion und Moderation müssen auch im dezentralen Sendemodus weiter Hand in Hand gehen. Wie akut eine Umstellung auf Home Studios werden kann, zeigt das Beispiel eines Senders in Bayern, mit dem Christian Brenner zusammenarbeitet. „Da gab es einen Corona-Fall und dann mussten alle nach Hause.“

Dank Cloud von überall senden

Mit Cloudsystemen wie BayCloudNet können Radiomacher*innen im Prinzip von überall senden. Die Nachrichtenredakteurin macht daheim in München ihre News, ein freier Journalist aus Berlin stellt einen Beitrag ein und die Moderatorin liefert aus Dachau das Wetter. Das alles läuft in der Cloud zusammen und kann automatisiert und lokalisiert ausgespielt werden. Dadurch, dass Christian Brenner mit der BLR, der Dienstleistungsgesellschaft für bayerische Lokal-Radioprogramme, zusammenarbeitet, können deren Nachrichten und Mantelprogramme ebenfalls über die Cloud ins Programm eingebunden werden.

Bei BayCloudNet gibt es Schnittstellen zu allen gängigen Sendesystemen. Radiomacher*innen können dadurch zwar mit ihrem gewohnten System arbeiten, wenn sie im Studio sind. Trotzdem läuft alles in die Cloud. Wenn wie jetzt das Arbeiten aus dem Sender erschwert wird, kann man zu Hause über den Browser auf die Cloud zugreifen und dort auch Inhalte reinspielen. Wer dann noch ein gutes Mikrofon besitzt und seine Aufnahmen beispielsweise vor dem Kleiderschrank oder gar unter der Bettdecke macht, kann daheim relativ einfach ein gutes Radioprogramm produzieren. Eins zu eins live zu senden geht aktuell noch nicht, es gibt immer eine leichte Verzögerung.

Christian Brenner registriert in der aktuellen Krise einen gestiegenen Bedarf: „Bei vielen Sendern in Bayern richten wir die Cloud gerade als Back-Up ein und in Österreich haben wir einige neue Kunden dazugewonnen.“ Er sieht aber auch die Probleme: „Bisher haben wir die Rückmeldungen bekommen, dass die Arbeit mit der Cloud das Programm verbessern kann.“ In der Krise bestehe aber auch die Gefahr, dass das System genutzt werde, um Geld zu sparen. Das sei in der derzeitigen Situation natürlich verständlich, aber nicht so schön.

Bayerische Radiosender machen es vor

Während einige gerade umstellen und sich Back-Up Lösungen einrichten, sendet Radio Schwaben schon seit Mitte März dezentral. Der Sender ist noch relativ neu (2017) und arbeitet schon von Anfang an mit der Cloud. Deswegen ging jetzt auch alles ganz schnell. „Innerhalb weniger Stunden konnte das Team von daheim senden“, sagt Geschäftsführer Markus Gilg. „Die ganze Redaktion ist im Homeoffice.“ On-Air höre man das aber nicht, sogar Doppelmoderationen würden weiter aufrechterhalten. Das gelinge mit einem System, dass ähnlich wie eines für Telefonkonferenzen funktioniere, nur eben in Studioqualität, so Gilg. „Welches genau, das ist Betriebsgeheimnis.“

Foto: Funkhaus Nürnberg

Auch bei den Sendern im Funkhaus Nürnberg läuft zurzeit viel aus dem Home Studio. Dort wurde nach eigenen Angaben ebenfalls ein System installiert, mit dem die Moderator*innen live auf Sendung gehen können. Auf Fotos ist zu sehen, wie eine Moderatorin mit Mikrofon und samt ihrer Familie am Küchentisch sitzt. Eine andere kuschelt mit ihrem Hund und ein dritter moderiert draußen auf seiner Terrasse. So idyllisch diese Bilder anmuten: Man darf nicht vergessen, dass der private Rundfunk wegen wegbrechender Werbeinnahmen stark unter der Krise leidet. Und dennoch versuchen die Sender weiterhin mit allen verfügbaren Mitteln ihren wichtigen Aufgaben nachzukommen: informieren, Hilfe organisieren, Gemeinschaftsgefühl stärken.

Radioaktionen in Zeiten von Corona: gemeinsam stark

In Krisenzeiten kommt dem lokalen Rundfunk eine ganz besondere Aufgabe zu: Er kennt die Begebenheiten vor Ort und hat einen guten Draht zu den Menschen. In der Corona-Krise sind regionale Sender wichtige Sprachrohre.

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