Fotos: Picture Alliance for DLD / Hubert Burda Media
DLD AI Summit: Christian Teichmann über die „Riesenchance KI”
Der Diskussionsbedarf rund um die Möglichkeiten von KI-Technologien ist groß. Die internationale Innovationskonferenz von Hubert Burda Media reagierte und lud Vordenker:innen am 6. und 7. September nach München zum „DLD Circular” und „DLD AI Summit” ein. Am Rande der Konferenz traf XPLR: MEDIA in Bavaria Christian Teichmann, CEO von Burda Principal Investments (BPI), und sprach mit ihm über die Chancen von KI für Medienunternehmen und darüber, welche Entwicklungen er aus der Investment-Perspektive momentan besonders aufmerksam verfolgt.
Christian, der erste „DLD AI Summit” ist fast vorbei. Was sind deine wichtigsten Take-Aways?
Christian Teichmann: Beim „DLD Circular” gestern und heute beim „DLD AI Summit” ist für alle deutlich geworden, welche Signifikanz das Thema AI hat. Hermann Hauser hat in seinem Vortrag gesagt, dass sich am Ende jedes Unternehmen, egal welcher Branche und Größe, mit dem Thema AI beschäftigen muss und eine AI-Strategie braucht. Das ist die richtige Sichtweise. KI ist die dritte große Welle nach dem Internet und der Cloud. Nur die Geschwindigkeit, mit der sich jetzt alles entwickeln wird, ist noch viel höher als damals. ChatGPT hat eine Milliarde Nutzer, innerhalb von nicht einmal einem Jahr. Wenn man hier von verschiedenen Leuten hört, alle mit einem etwas anderen Blickwinkel, dann wird die Signifikanz wirklich klar. AI ist für uns alle eine Riesenchance und so muss man darauf blicken.
BPI, die Investment-Einheit von Hubert Burda Media, investiert weltweit in schnellwachsende Unternehmen in den Sektoren Medien und digitale Technologien. Liegt euer Fokus momentan auch auf KI?
Christian: Nein, nicht nur. Wir sind ein klassischer Finanzinvestor, ein Venture Capitalist. Wir investieren selten in Firmen in der sehr frühen Phase, sondern steigen typischerweise in der zweiten oder dritten Finanzierungsrunde ein. Unser Fokus liegt auf Consumer Tech und Plattform-Modellen, da ist KI natürlich ein Thema. Wir haben aber auch eine ganze Reihe an Fintech-Themen im Portfolio, sowohl hier in Europa als auch in Südostasien. Was uns auch umtreibt, ist die Kombination aus dem Nachhaltigkeits-Thema gestern und dem AI-Thema heute. Wir beschäftigen uns viel mit Technologien, die dazu beitragen, Carbon-Emissions zu reduzieren.
»Für uns als Investor ist wichtig herauszufinden: Was ist nur ein Feature, und was ist ein Business?«
Christian Teichmann, CEO von Burda Principal Investments
BPI: Ein Early Radar für den Medienkonzern
Warum ist es für den Medienkonzern Hubert Burda Media so wichtig, eine starke und global tätige Investment-Einheit zu haben?
Christian: Als Finanzinvestor ist es unser Auftrag, Financial Profit zur Gruppe beizutragen. Wir investieren ohne strategisches Interesse, und viele der Firmen oder der Themen, in die wir investiert haben, haben nicht direkt etwas mit dem Kerngeschäft zu tun. Aber: Wir sind mit unserer Einheit natürlich ein Early Radar für das Haus und das leben wir auch. Wir haben einen sehr intensiven Austausch mit allen Einheiten bei Burda. Wenn wir Themen sehen, von denen wir glauben, dass sie relevant für das Haus sind, teilen wir sie sehr früh. Bei AI war es genauso, da waren wir auf der Medien-Seite sicherlich viel früher dran als andere, weil wir auf der Investment-Seite viele Themen früh gesehen haben.
Welche Unternehmen, die jetzt auf AI setzen, sind für euch besonders spannend?
Christian: AI ist ein sehr breites Feld, da muss man sich die drei verschiedenen Layer anschauen: Den Infrastructure Layer, den Foundation Model Layer und den Application Layer. Der Infrastructure Layer ist für uns weniger relevant und auch schon fast durch. Das sind die großen Player wie Amazon Web Services oder Nvidia. Der Foundation Model Layer ist super relevant für uns. Das ist kein „The Winner Takes It All”-Market, es gibt ja mittlerweile fast 100 Modelle weltweit – mit Abstand die meisten in den USA, eine ganze Reihe in China und dann gibt es ein paar wenige in Europa. Im dritten Layer – dem Application Layer – werden General Models für Branchen und Nischen weiterentwickelt. Da passiert also ein Feintuning, zum Beispiel für die Travel-Branche, die Finanzbranche, etc. Heute auf meinem Panel war beispielsweise Adam Bittlingmayer von Modelfront mit dabei, der in dem super spitzen Bereich Translation unterwegs ist.
Wie identifiziert ihr vielversprechende Geschäftsmodelle?
Christian: Für uns als Investor im Bereich des Application Layer ist wichtig herauszufinden: Was ist nur ein Feature, und was ist ein Business? Das ist nicht ganz trivial. Viele Dinge sind ein Add-on zu etwas, das es schon gibt. Und dann gibt es neue Dinge, aus denen wirklich Businesses entstehen.
Welche disruptiven Auswirkungen in der Medienbranche siehst du durch die AI-Technologien?
Christian: Ich weiß nicht, ob man das disruptiv nennen sollte. Unser CEO Martin Weiss hat heute auf der Bühne gesagt, das Internet wurde ja auch als große Gefahr dargestellt, und Hubert Burda Media ist heute dreimal so groß wie damals. Es wird vieles anders sein, aber das heißt nicht unbedingt, dass irgendwas wegbricht. Ich glaube, dass man darin eine große Chance sehen muss.
DLD AI Summit 2023
Christian Teichmann über KI: „Die allermeisten unterschätzen Chancen und Geschwindigkeit”
Wo siehst du KI-Technologien in der Medienbranche schon im Einsatz?
Christian: Zum Beispiel bei uns im eigenen Haus. Wir haben „Lisa kochen und backen – 99 Pasta Rezepte” an den Kiosk gebracht. Eine Zeitschrift, die komplett mit AI erstellt wurde, vom Bildmaterial bis hin zum Text. Am Ende hat die Redaktion sichergestellt, dass die Rezepte tatsächlich echte Pasta-Rezepte sind, die unseren Vorstellungen entsprechen. Das haben wir ausprobiert, und es wurde insbesondere in der bayerischen Presse sehr kontrovers diskutiert, was ja auch okay ist. Ich kann allerdings den Aufschrei nicht so ganz nachvollziehen. Seit der Einführung des Internets hat jede Redaktion Google verwendet. Internet Search ist data-rich. ChatGPT und andere AI-Lösungen sind information-rich. Das heißt, hier werden data und information kombiniert – und der Output, den man nun bekommt, ist eben viel deskriptiver. Das bedeutet, dass die AI-Lösung jetzt halt ein Rezept schreibt. Aber früher hat man auch Rezepte gegoogelt. Das sollte man sehr sachlich und nüchtern betrachten. Klar wird das eine Veränderung in der Medienbranche mit sich bringen, aber das muss man als Chance sehen und nicht als große Bedrohung.
Welche Chancen siehst du konkret?
Christian: Zum Beispiel kann man viele neue Medien-Titel schaffen, weil es natürlich viel schneller geht. Das Entscheidende ist, was Martin Weiss auch gesagt hat: das kommt jetzt traditionellen Geschäften zugute. Zum Beispiel Burda, der Lufthansa oder BMW. Sie haben einen Vorteil, weil sie das Vertrauen des Kunden genießen. Ein Medienhaus wie Burda kann sein ganzes Medienportfolio nun noch viel mehr erweitern, basierend auf dem Kunden-Trust, den wir zurecht haben.
Siehst du Chancen oder Risiken, die von Medienunternehmen aktuell unterschätzt oder überschätzt werden?
Christian: Im Moment beschäftigt man sich mehr mit den Risiken. Das ist ein Fehler, denn eigentlich gibt es zwei Dinge, die von den allermeisten unterschätzt werden: Die Chancen, aber auch die Geschwindigkeit, mit der sich Dinge nun verändern werden. Der DLD AI Summit war dafür nochmal ein Eye-Opener.
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