Florian Meyer-Hawranek von PULS: Immer am Nerv von Gen Z

Von Dr. André Gärisch
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Media Manager

Foto: Vera Johannsen/BR

Florian Meyer-Hawranek ist stellvertretender Redaktionsleiter von PULS, dem jungen Content-Netzwerk des Bayerischen Rundfunks. In dieser Rolle verantwortet er die Entwicklung neuer und die Anpassung bestehender multimedialer Formate. Im Interview erzählt er, wie er und sein Team die Interessen der Generation Z erforschen und warum KI im Redaktionsalltag unverzichtbar geworden ist.

Florian, als stellvertretender Redaktionsleiter von PULS und funk-Beauftragter für den BR verantwortest du TV-, Radio- und vor allem Web-Formate für junge Menschen. Wenn du an deine eigene Jugend in den späten 90ern zurückdenkst: Welche Sendungen haben dich damals am meisten begeistert?

Florian Meyer-Hawranek: In meiner Jugend haben mich Formate wie „The Simpsons“ und „Akte X“ begeistert, und ich war ein großer Fan von „TV Total“. Ich fand es beeindruckend, wie humorvoll und kreativ Stefan Raab die Medienwelt kommentierte. Auf dem Schulhof sprach jeder über die Sendung. Leider ist Raabs Humor ein Stück weit in der damaligen Zeit stehengeblieben.

Fänden die Sendungen von damals heute noch Anklang bei den jungen Menschen?

Mayer-Hawranek: Viele der Sendungen von damals würden heute nicht mehr funktionieren. Der Humor hat sich weiterentwickelt, der Umgang mit bestimmten Themen und gesellschaftlichen Gruppen ist sensibler geworden. Zudem hat sich die Medienlandschaft durch das Internet stark diversifiziert, sodass jede Zielgruppe und Sub-Zielgruppe heute maßgeschneiderte Inhalte erwartet. Deshalb bieten wir sowohl Formate wie „Willkommen im Club“ für die progressive, queere Community in Städten als auch Formate wie „sag_mal“, das wir für funk und Ö3 produzieren, welches gezielt junge, heimatverbundene Menschen aus ländlichen Regionen anspricht.

Lass uns in deine berufliche Biografie eintauchen: Welche Stationen haben dich besonders geprägt?

Meyer-Hawranek: Nach meinem Abschluss an der Journalistenschule bekam ich die Gelegenheit, als Reporter bei „quer“ mitzuwirken, einem politisch-satirischen Wochenmagazin im Bayerischen Rundfunk. Diese Zeit hat mich in Bezug auf Belastbarkeit und die präzise Aufbereitung von Themen sehr geprägt. Es ging immer darum, das aktuelle Lebensgefühl der Menschen zu erfassen und den Filmbeiträgen die typische „quer“-Note zu verleihen. Ab 2016 durfte ich dann bei PULS unter anderem am Aufbau von „funk“ mitwirken, dem jungen Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – eine spannende Zeit des Aufbruchs, in der wir originelle Formate entwickelten, viel ausprobierten und noch mehr dazulernten, etwa über passgenaue Produktionen für YouTube oder Snapchat.

Es ist ein gutes Gespür erforderlich, um zu erkennen, wann ein Format Anpassungen oder sogar einen Relaunch benötigt, um für unser Kernpublikum relevant zu bleiben. Das gilt insbesondere für Formate, die ursprünglich für Millennials, die Vorgängergeneration der Gen Z, produziert wurden. Auch die Generation nach der Gen Z wird individuelle Interessen und Sprachmuster haben, denn jede Generation möchte sich von der vorherigen abgrenzen.

Du hast auch in Mexiko und Kolumbien gearbeitet. Was hast du dort gemacht?

Meyer-Hawranek: In Mexiko habe ich zwei Semester Politik und Volkswirtschaftslehre studiert und später meine Masterarbeit über die Auswirkungen des Drogenkriegs auf den Journalismus geschrieben. Ich konnte mich intensiv mit Journalist:innen vor Ort austauschen, was sehr bereichernd war. Dank eines Journalistenstipendiums durfte ich außerdem in Kolumbien bei einem Radiosender hospitieren und dort eigene Stücke produzieren. In dieser Zeit habe ich viel über selbstständiges Arbeiten und den Druck gelernt, unter dem Journalist:innen mitunter stehen.

Was bereitet dir in deiner Position als stellvertretender Redaktionsleiter bei PULS am meisten Freude?

Meyer-Hawranek: Am meisten Freude bereitet es mir, Formate auf den Weg zu bringen, die beim Publikum einen positiven Eindruck hinterlassen. Ein Beispiel dafür ist das Reporter-Format „Die Frage“, das ich von Anfang an für funk mit aufgebaut habe. Es widmet sich wichtigen gesellschaftlichen Fragestellungen und mich macht stolz, wie viel es der Community bedeutet. Natürlich hängt der Erfolg nicht zuletzt von einem großartigen Team ab – von tollen Autor:innen, Community-Manager:innen und vielen anderen.

Eine komplexe Aufgabe: Die Gen Z erreicht man über individuelle Inhalte

Findest du es einfach oder kompliziert, die Gen Z – also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen – mit attraktiven Inhalten zu erreichen?

Meyer-Hawranek: Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Auf jeden Fall ist ein gutes Gespür erforderlich, um zu erkennen, wann ein Format Anpassungen oder sogar einen Relaunch benötigt, um für unser Kernpublikum relevant zu bleiben. Das gilt insbesondere für Formate, die ursprünglich für Millennials, die Vorgängergeneration der Gen Z, produziert wurden. Auch die Generation nach der Gen Z wird individuelle Interessen und Sprachmuster haben, denn jede Generation möchte sich von der vorherigen abgrenzen.

Wie informiert ihr euch über die Vorlieben und Trends der Gen Z?

Meyer-Hawranek: Natürlich werfen wir einen Blick auf Studien. Zudem arbeiten wir ab der Formatentwicklung streng userzentriert – vom Formatdesign über die Themenauswahl bis zur Sprache, auch vermeintliche Kleinigkeiten wie der Einsatz der richtigen Emojis werden berücksichtigt. Wir holen uns dabei Feedback von kleineren Testgruppen ein, entweder hier vor Ort oder über WhatsApp. Ergänzend analysieren wir kontinuierlich die Plattformstatistiken und passen unsere Inhalte entsprechend an.

Das YouTube-Fomat „Die Frage“ hat Florian Meyer-Hawranek mit aufgebaut. Moderiert wird es von Lisa-Sophie Scheurell und Oleg Grygorov. Die beiden gehen in den Reporterfilmen einer bestimmten Frage nach und besuchen Protagonisten. / Foto: BR

Mirjam Haider und Leon Willner sind die beiden Hosts des funk- und Ö3-Formats „Sag Mal?“. Darin geht es um Themen, die Jugendliche und junge Erwachsene auf dem Land beschäftigen. / Bild: BR

„Willkommen im Club“ ist ein queerer Podcast, der von PULS produziert wird. Die beiden Hosts Sophia Sailer und Dimi Stratakis teilen darin ihre eigenen Erfahrungen und laden Gäste aus der queeren Community ein. / Foto: BR

Du bringst viel journalistisches Know-how mit, bist aber über 40 Jahre alt. Wie wichtig ist es, auch jüngere Mitarbeiter:innen im Team zu haben, um authentischen Content zu kreieren?

Meyer-Hawranek: Unser Team ist relativ jung, was frische Ideen und eine große Nähe zur Zielgruppe mit sich bringt. Dennoch wäre ein Team, das ausschließlich aus Gen-Z-Mitgliedern besteht, nicht produktiv. Ältere, erfahrenere Kolleg:innen haben einen gewissen Weitblick, stellen die richtigen Fragen und setzen wichtige Rahmenbedingungen, etwa bei der Personalauswahl und -führung. Ich persönlich lege besonderen Wert darauf, empathisch mit Mitarbeiter:innen umzugehen und auf Anzeichen von Überlastung zu achten. In solchen Fällen ist es wichtig, den Druck zu reduzieren.

Auf welchen Plattformen seid ihr aktuell präsent, und wie entscheidet ihr, ob ihr den Schritt auf eine neue Plattform wagt?

Meyer-Hawranek: Wir sind auf YouTube, Instagram, Snapchat, TikTok, Twitch, in der ARD-Mediathek, der Audiothek und allen gängigen Podcast-Plattformen vertreten. Die Entscheidung, auf einer Plattform aktiv zu werden, basiert auf zwei Hauptkriterien: Erstens muss unser Zielpublikum dort in relevanter Zahl präsent sein, und zweitens sollten unsere Formate zu den Besonderheiten der jeweiligen Plattform passen. TikTok war zum Beispiel eine logische Wahl für unser ländlich orientiertes Format „sag_mal“, da der Algorithmus eine regionale und lokale Ausspielung ermöglicht. Snapchat wiederum zieht ein sehr junges, vorwiegend weibliches Publikum an, weswegen wir dort unsere Serie „I am just myself“ mit der Hauptfigur „Kiara“, einer angehenden Sängerin, starteten. Bei Formatentwicklungen geben wir manchmal auch eine zentrale Plattform vor, um später eine maßgeschneiderte Produktion zu ermöglichen.

Welche Vorteile bietet euch der Redaktionsstandort Bayern?

Meyer-Hawranek: Wir profitieren von einer starken Infrastruktur, die von Journalistenschulen bis hin zu Produktionsfirmen reicht. Da viele unserer Formate regionale Themen aufgreifen, ist Bayern für uns ebenso inhaltlich relevant. Und auch bei Formaten, die auf ein deutschlandweites Publikum zielen, ist unser Blick aus Bayern enthalten: So haben wir in unserem Podcast „Willkommen im Club“ zur vergangenen Landtagswahl beispielsweise queere Politik im bayerischen Landtag behandelt. Nicht zu vergessen sind die vielfältigen Drehorte, die es hier gibt, vom Musikfestival Modular in Augsburg über die Münchner Innenstadt bis zu den Alpen.

KI im Redaktionsalltag: Künstliche Intelligenz als gute Unterstützung

Stichwort künstliche Intelligenz: Wie sehr helfen euch entsprechende Tools bereits im Redaktionsalltag?

Meyer-Hawranek: Bei PULS nutzen wir zunehmend einfache KI-Tools, etwa um Audio- oder Bewegtbildaufnahmen in Text umzuwandeln. Darüber hinaus testen wir, wie KI uns bei der Themenfindung für unterschiedliche Zielgruppen unterstützen kann. Den eigentlichen Content erstellt jedoch weiterhin unser Team. KI kann die menschliche Kreativität und das journalistische Gespür noch nicht ersetzen, aber gut unterstützen.

Zum Abschluss eine kreative Frage: Auf der PULS-Website schreibst du: „Ich bin hier, weil ich hier die Geschichten erzählen kann, die begeistern.“ Wenn du deine Lebensgeschichte als Buch oder Film erzählen würdest, welchen Titel würdest du wählen?

Meyer-Hawranek: Ich würde den zugegeben ziemlich cheesy klingenden Titel „Höre immer auf dein Herz“ wählen, denn mit diesem Prinzip bin ich mein ganzes Leben lang gut gefahren. Ich habe immer an Projekten gearbeitet, die mich erfüllt haben, was mich automatisch motiviert hat – vieles lief dann von selbst.

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