Matthias Bauer: „Alter ist kein Verdienst“

Von Julia Hägele

Matthias Bauer feiert am 17. Mai 2021 seinen 40. Geburtstag.

Als Geschäftsführer der Vogel Communications Group in Würzburg hat Matthias Bauer die Transformation vom Fachmedienhaus zur Kommunikationsgruppe angestoßen und umgesetzt. Im Gespräch erzählt er, was bei der Strategie „Vogel 2022“ wichtig war, was man mit 40 anders macht als mit 23 und was Verlage heute tun müssen, um zukunftsfähig zu bleiben.

Herr Bauer, vor 17 Jahren waren Sie Praktikant bei Vogel Communications. Heute sind Sie Geschäftsführer der Gruppe. Wie wichtig ist es, eine lange Bindung zu einem Unternehmen zu haben, um es führen zu können?

Matthias Bauer: Wenn man als Praktikant anfängt und viele verschiedene Stationen durchläuft, dann entwickeln sich auch Freundschaften auf unterschiedlichen Hierarchieebenen. Das ist etwas Wunderbares – bis zu dem Punkt, an dem man Personalentscheidungen treffen muss. Die lassen sich nicht vermeiden und als Geschäftsführer ist meine oberste Priorität das Unternehmensinteresse. Dann muss ich gelegentlich sagen: Deine Reise endet hier trotz unserer Freundschaft. Das wirkt härter, als wenn ein externer Berater Leute entlässt. Ich sehe es insgesamt trotzdem als Privileg, viele meiner Kolleg:innen gut zu kennen und denke, dass ich als Geschäftsführer akzeptiert bin.

Wie haben sich die Kundenwünsche im Laufe der Zeit verändert?

Bauer:
Die Kunden geben dem Thema Kommunikation allgemein mehr Gewicht. Es geht ihnen um den messbaren wirtschaftlichen Erfolg ihrer Kampagnen. Zum anderen planen die Kunden ihre Marketing-Budgets immer kurzfristiger. Früher hat man sich im September oder Oktober getroffen und die Jahresplanung für das Folgejahr gemacht. Heute gibt es eher einen Quartals- oder Monatsrhythmus. Das ist für unsere Sales Consultants oft sehr herausfordernd.

„Die Kommunikationsbranche ist dynamisch und verlangt daher nach Dynamik.“

Was ist außer der Budgetplanung schnelllebiger geworden?

Bauer: Vogel ist ein traditionsreiches Haus, in dem man die alte Kommunikationswelt kennt und schätzt. Trotzdem müssen wir für unsere Kunden wach sein für neue Technologien und Kommunikationskanäle – wenn etwa von heute auf morgen etwas wie Clubhouse auftaucht. Die Kommunikationsbranche ist dynamisch und verlangt daher nach Dynamik.

Sie haben Vogel quasi kernsaniert. Was war Ihnen mit der Strategie „Vogel 2022“ dabei wichtig bei der Transformation vom Fachmedienhaus zum Kommunikationshaus?

Bauer: Kernsaniert würde ich nicht sagen, Vogel hat ein gutes Fundament. Mir ging es im Wesentlichen um drei Punkte: Erstens die Unternehmensgruppe stärker auf die Bedürfnisse unserer Zielgruppen zu fokussieren. Zweitens das zielgerichtete Miteinander innerhalb der Unternehmen und zwischen den Unternehmen unserer Gruppe zu optimieren. Drittens, die Effizienz in der gesamten Organisation zu verbessern und mithilfe eines KPI-Systems messbarer zu machen.

Und nach 2022?

Bauer: Der Name „Vogel 2022“ ist dem Fünf-Jahres-Denken geschuldet, die Strategie ist 2017 entstanden. Unser Innovationsstreben soll aber natürlich dauerhaft bestehen und entsprechend behält unsere Strategie auch über 2022 hinaus Gültigkeit.

Haben Sie eigentlich ein internes Leitbild?

Bauer: Wir haben fünf Markenwerte und der stärkste davon ist „anführend“. Wir wollen anführend sein in allem, was wir tun. Das heißt, wir haben den Anspruch, Dinge neu zu denken und kompetent den Weg in die Zukunft bereiten.

„Die Unbeschwertheit geht etwas verloren, aber ich versuche, mir eine gewisse Leichtigkeit zu erhalten.“

Zum Anführen muss man nah am Puls der Zeit sein. Wenn Sie morgens aufstehen, wie informieren Sie sich?

Bauer: Leider ist mein Handy auch mein Wecker. Ich checke Mails im Bett und lese auch Newsletter, beispielsweise das Handelsblatt Morning Briefing. Vogel ist eine Gruppe und in ganz unterschiedlichen Branchen unterwegs, etwa in der Automobil- und in der IT-Branche. Ich kann deshalb die Frage „Wie ist die Stimmung bei Vogel?“ nicht einfach beantworten. Wir haben Gewinner der Krise wie die IT-Branche, aber auch Bereiche, die sich schwerer tun wie die Automobilbranche. In der Summe ist es ganz gut gegangen.

Sie feiern am 17. Mai Ihren 40. Geburtstag – was macht man mit 40 anders als mit 23?

Bauer: Ich wurde so erzogen, dass Alter kein Verdienst ist. Ich stelle bei mir fest, dass ich mir für wichtige Entscheidungen etwas mehr Zeit nehme. Ich bin mir der Verantwortung der Konsequenzen meines Handels bewusster. Gleichwohl darf ich nun wesentlich weitreichendere Entscheidungen treffen als mit 23. Die Unbeschwertheit geht etwas verloren, aber ich versuche, mir eine gewisse Leichtigkeit zu erhalten. Die braucht man, um positiv nach vorne zu schauen.

Wie bleiben Sie mutig?

Bauer: Mutig ist man dann, wenn man etwas wagt, ohne den genauen Ausgang zu kennen. Wer innovativ und fortschrittlich sein will, muss sich etwas trauen.

„Viele Verlage beschäftigen sich zu sehr mit sich selbst.“

Worauf sollten sich Verlage konzentrieren, um zukunftsfähig zu bleiben?

Bauer: Die Frage ist in der Theorie einfach zu beantworten, aber in der Umsetzung umso schwieriger. Es geht um die aktuellen und künftigen Bedürfnisse der Zielgruppen. Viele Verlage neigen dazu, sich zu sehr mit sich selbst zu beschäftigen und fragen nicht den Markt, wo die Reise hingeht. Letztlich zahlen die Kund:innen unsere Gehälter. Deswegen müssen wir uns heute intensiv damit beschäftigen, was sie morgen brauchen.

Haben Sie ein Motto, das Sie leitet?

Bauer: Behandle jeden Menschen in dem Wissen, dass er mindestens eine Sache besser kann als du. – Rat hole ich mir ansonsten von meinen Mentoren. Das sind etwa fünf bis zehn kompetente Leute, deren Meinung mir sehr wichtig ist.

Was schätzen Sie am Standort Würzburg, was am Standort Berlin?

Bauer: Ich habe sieben Jahre in Berlin gelebt und manche meiner Mentoren leben dort. Nach Corona werde ich versuchen, wieder öfter da zu sein. Berlin ist eine Stadt, die sehr viel Energie gibt, die aber auch viel Energie zieht. Würzburg ist meine Heimatstadt, hier macht Leben richtig Spaß. Die Region ist mit bekannten Unternehmen wie Flyeralarm, Koenig & Bauer, s.Oliver und Brose auch wirtschaftlich sehr gut aufgestellt. Hier gibt es viele Student:innen und reiches kulturelles Leben. Und meine Familie lebt hier.

freundin-Doppelspitze: „Wir sind keine übergeordneten Leit-Feen“

Im September 2019 haben Anke Helle und Mateja Mögel die Chefredaktion der „freundin“ übernommen. Ein Gespräch über Teamwork, radikale Digitalisierungsprozesse und das Einreißen von Grenzen.

Rainer Holzschuh: „Wir dürfen das Gespür für unsere Leser nicht verlieren“

Glaubwürdigkeit als Erfolgsrezept: Herausgeber Rainer Holzschuh erklärt, wie der Kicker es schafft, seit 100 Jahren Fußballfans in ganz Deutschland zu erreichen.

Mehr von XPLR: MEDIA in Deinem E-Mail-Postfach

Der Newsletter von XPLR: MEDIA in Bavaria zeigt Dir, wie innovativ der Medienstandort Bayern ist. Join the innovators!

Bleibe mit dem XPLR: Newsletter immer auf dem Laufenden!

Newsletter abonnieren