Nickel Media: Erfolgreiches Marketing im 9:16-Format

Von Dr. André Gärisch
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Foto: Tobias Nickel

Sabrina und Tobias Nickel fokussieren sich mit ihrer Münchner Social-Media-Agentur Nickel Media auf ein boomendes Geschäft: die Produktion von Werbevideos im Smartphone-Format 9:16. Zu ihren Kunden zählen Global Player wie Google, Samsung und McDonald´s. Im Interview geben sie Einblicke in ihre Gründungsgeschichte, verraten entscheidende Faktoren für wirkungsvolle Verticals und stellen trickreiche Cases vor.

Sabrina, Tobias, wie kam es dazu, dass ihr euch mit eurer Agentur auf die Entwicklung von Werbe- und Markenvideos im Format 9:16 spezialisiert habt?

Sabrina: Wir haben beide jahrelang als Videojournalist:innen bei einem Münchner Medienhaus gearbeitet und waren dort für die Entwicklung mobiler Inhalte zuständig. Dabei fragten wir uns immer wieder, warum wir Videos im Querformat drehen sollten. Uns erschien das vertikale Format sinnvoller, da es Smartphone-User:innen eine optimale Nutzungserfahrung bietet.

Tobias: Ich wechselte später zu einer Produktionsfirma für Werbevideos. Auch dort war die Wahl des Formates kein Thema. Wir produzierten 16:9-Videos, aus denen wir Clips für Social Media herausschnitten. Viele Filmemacher:innen weigerten sich zudem aus ästhetischen Gründen, das Format zu wechseln, da 9:16 angeblich nicht für die Erschaffung attraktiver Bilderwelten geeignet sei.

 

»Wir versuchen selbst Trends zu kreieren, während wir gleichzeitig die verschiedenen Plattformen im Auge behalten, um auf Trends reagieren zu können.«

Sabrina Nickel

Foto: Tobias Nickel

Ihr habt also eine Marktlücke erkannt.

Sabrina: Wir haben frühzeitig erkannt, dass das, was andere als unnötig erachten oder aus künstlerischen Gründen ablehnen, unser Fokus sein kann. Da die meisten Menschen das Smartphone rund um die Uhr nutzen, wollten wir mit maßgeschneiderten und hochwertigen Inhalten präsent sein.

2020 habt ihr dann Nickel Media gegründet.

Sabrina: Genau. Zuvor haben wir uns in einer Testphase jeweils neben unseren festen Jobs selbständig gemacht und gemeinsam Projekte umgesetzt; auch um herauszufinden, wie gut wir als Geschwister zusammenarbeiten.

Sicherlich eine spezielle Konstellation.

Sabrina: Absolut. Uns hilft dabei, dass Tobias am meisten Spaß hinter der Kamera hat – als Produzent, Regisseur und Motion Graphics Designer. Ich hingegen kümmere mich gerne um das Konzeptionelle und stehe am liebsten vor der Kamera. Das ergänzt sich wunderbar.

Wie hat sich die Nachfrage nach 9:16-Videos bei euch in den letzten Jahren entwickelt?

Sabrina: Von 2015 bis 2020 konnten wir die Nachfrage neben unseren Vollzeitjobs bewältigen. Ab 2020 hat sie stark Fahrt aufgenommen. Die Anzahl unserer Mitarbeiter:innen ist in den letzten drei Jahren von zwei auf zwölf gewachsen.

Tobias: Anfangs mussten wir viel erklären und für das Format kämpfen, besonders bei Menschen mit wenig Social-Media-Erfahrung. Mittlerweile herrscht mehr Verständnis. Dennoch hängt es nach wie vor von den einzelnen Ansprechpartner:innen und Abteilungen ab. Marketingabteilungen sind meist mehr am Nabel der Zeit als andere Abteilungen.

Mal ganz simpel gefragt: Smartphones sind schnell gedreht und ins traditionelle Format gebracht. Ist diese Handlung wirklich entscheidend für oder gegen den Abruf eines Videos?

Tobias: Tatsächlich zeigen Studien, dass vielen User:innen der Aufwand zu groß ist. Auf Social Media-Kanälen neigen sie dazu, klassisch zu scrollen. Sie möchten nicht für einzelne Clips ihre Handhaltung ändern.

Sabrina: Die meisten User:innen haben in den Einstellungen das automatische Drehen ohnehin ausgeschaltet. Ein horizontales Video dreht sich in diesem Fall nicht mit und entfaltet nicht seine volle Wirkung.

Wie sollten Videos im 9:16-Format gestaltet sein, um eine positive Wirkung zu erzielen?

Sabrina: Die Content-Trends wechseln schnell. Deshalb versuchen wir, selbst Trends zu kreieren, während wir gleichzeitig die verschiedenen Plattformen im Auge behalten, um auf Trends reagieren zu können. Idealerweise fügen sich die Inhalte harmonisch in die jeweilige Plattform ein. Die User:innen sollten sich mit ihnen identifizieren können. Es geht um persönliche, authentische Ansprache auf Augenhöhe. Das Vertrauen gegenüber der beworbenen Marke wächst dadurch. Zudem steht die Frage nach dem inhaltlichen Mehrwert für die Zielgruppe im Mittelpunkt. Favorisierte Themen, Werte und Interessen bilden dafür eine Basis.

 

»Das Format eignet sich für alle Marken, die mittel- und langfristig relevant sein möchten und daher jede Social-Media-Plattform bespielen sollten.«

Tobias Nickel

Foto: Tobias Nickel

Welche Rolle spielt die sinkende Aufmerksamkeit bei den User:innen?

Tobias: Tatsächlich ist die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne von Internetnutzer:innen in den vergangenen Jahren von 3 auf 1,75 Sekunden gesunken. Daher ist es entscheidend, mit etwas Interessantem einzusteigen. Die ersten Sekunden vermitteln bestenfalls eine Ahnung vom gesamten Inhalt. Entpuppt sich ein Video direkt als Werbung, wird es weggeklickt.

Können klassische Medien vom Einsatz moderner 9:16-Clips profitieren?

Sabrina: Die Medienwelten beeinflussen sich gegenseitig. Wir sind verantwortlich für den Social-Media-Auftritt des TV-Food-Formats „Sweet & Easy – on Tour“ auf Sixx, das ich selbst moderiere. Hierbei kommt es darauf an, den gewohnten Mehrwert auf den sozialen Netzwerken zu bieten, ohne zu viel von den TV-Folgen vorwegzunehmen. Das gelingt uns etwa mit Inspirationen von den besuchten Städten oder den präsentierten Gerichten, verbunden mit Ratespielen oder Rezeptlinks. In der Sendung weise ich auf die Online-Inhalte hin. Beide Kanäle machen neugierig auf den jeweils anderen.

Welche Marken matchen am besten mit dem Smartphone-Format?

Tobias: Das Format eignet sich für alle Marken, die mittel- und langfristig relevant sein möchten und daher jede Social-Media-Plattform bespielen sollten. Die Konsument:innen suchen nicht mehr nur über Google oder Online-Shops nach Produkten, sondern auch über soziale Netzwerke – zunehmend auch ältere Generationen.

Auf welche Projekte seid ihr besonders stolz?

Tobias: Ein Highlight für mich war die TikTok-Kampagne zum 50-jährigen Bestehen von McDonald´s Deutschland, bei der wir die neuen Outfits der Mitarbeiter:innen inszenieren durften. Am Set arbeitete ich als Regisseur mit einem professionellen 40-köpfigen Team, darunter Popsänger Lukas Rieger. Die gedrehten Szenen verknüpften wir mit dem typischen TikTok-Stil mit überraschenden Übergängen. Dafür entwarfen wir ein umfangreiches Skript mit verschiedenen Outfitwechseln. Auch Shirts aus älteren Jahrzehnten spielten eine Rolle. Auf ihnen erschienen auf originelle Art und Weise die Elemente der neuen Outfits.

Sabrina: Für Google und Media Markt sind wir auf die Azoren geflogen und haben dort Creator:innen dabei begleitet, wie sie die Funktionen des Google Pixel Phones testeten. Mit dem Smartphone in der Hand seilten sie sich von Windrädern ab, sprangen Wasserfälle hinab und schwammen mit Delfinen. Mit den Aufnahmen erweckten sie die Funktionen des Geräts zum Leben.

Foto: Tobias Nickel

Foto: Tobias Nickel

Foto: Tobias Nickel

Foto: Tobias Nickel

Foto: Tobias Nickel

Wie profitiert Ihr bei Eurer Arbeit vom Standort München und Bayern?

Tobias: In der Hallertau aufgewachsen, haben wir unsere bayerischen Wurzeln im Herzen verankert. Ein bayerischer Kunde ist die familiengeführte Brauerei Schneiders Weisse, für die wir die Feier zum 150-jährigen Firmenjubiläum medial begleiten durften. Außerdem befindet sich unser Büro am Marienplatz. Die Dachterrasse mit ihrer tollen Aussicht nutzen wir für Aufnahmen.

Sabrina: Wir haben besonders im vergangenen Jahr gemerkt, wie sehr die bayerische Kultur und das Oktoberfest die Menschen anziehen. Wir hatten so viele Kundentermine auf dem Oktoberfest wie nie zuvor. Es sind großartige Partnerschaften entstanden.

Blicken wir voraus: Werden sich Formate von ihren Endgeräten lösen? Auf welchen Screens wird man zukünftig 9:16-Videos sehen?

Tobias: Wir werden uns langfristig von klassischen Bildschirmen und Formaten trennen. Flexiblere Lösungen rücken in den Vordergrund, etwa Virtual-Reality-Brillen. Diese Geräte werden technologisch immer ausgefeilter und gleichzeitig optisch unauffälliger.

Sabrina: Insider aus dem Bereich der Augenmedizin haben uns verraten, dass die Technik so weit fortgeschritten ist, dass Chips im Auge implantiert werden können. Die Chips sind nur noch nicht ausgereift genug. Hier ergeben sich in Verbindung mit winzigen Speicherzentren und künstlicher Intelligenz neue Darstellungsformen.

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