Radioaktionen in Zeiten von Corona: gemeinsam stark

Von Lukas Schöne

In Krisenzeiten kommt dem lokalen Rundfunk in Bayern eine ganz besondere Aufgabe zu: Er kennt die Probleme und Begebenheiten vor Ort und hat einen guten Draht zu den Menschen. Das lässt sich auch jetzt beobachten. In der Corona-Krise sind regionale Sender wichtige Sprachrohre.

Zeiten wie diese fordern Solidarität von uns allen. Wir sollten Sozialkontakte meiden, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Und wir sollten denen helfen, die besonders gefährdet sind. Es gründen sich Nachbarschaftsinitiativen, die Menschen organisieren sich im Netz und gehen für ältere oder vorerkrankte Angehörige und Bekannte einkaufen. Eine wichtige Rolle fällt dabei lokalen Radiostationen zu. Sie haben die Infos, die die Menschen vor Ort direkt betreffen. Welche Geschäfte und Einrichtungen haben geöffnet, welche nicht? Wie viele Fälle gibt es in meiner Stadt, was sagt der Landrat zur Situation? Wo wird meine Hilfe gebraucht? Über die Informationsfunktion hinaus können die Sender aber auch selbst aktiv Hilfe koordinieren. Viele Stationen in Bayern haben das erkannt und schnell auf die Krise reagiert. Und das, obwohl sie durch ausbleibende Werbeeinnahmen, weniger Personal und Homeoffice selbst sehr unter der Krise leiden. Fünf Beispiele.

1. Bayern hält zusammen

Antenne Bayern hat umfassend auf die Corona-Krise reagiert und das Programm verändert. Statt „Frag den Freistaat“ läuft von nun an täglich von 12.30 Uhr bis 14 Uhr „Bayern hält zusammen“. Moderiert wird die Sendung von Kathie Kleff. Es gibt ausführliche Informationen rund um die Entwicklungen der Krise, Hörer*innenfragen werden beantwortet und Helfende und Hilfesuchende vernetzt. Außerdem gibt es Nachrichten für Kinder, in denen für sie verständlich erklärt wird, was das Coronavirus ist und warum sie deswegen nicht in die Schule können oder sich mit Freunden treffen dürfen. Diese Nachrichten laufen nicht nur in der Mittagssendung, sondern auch regelmäßig im Webradio „Antenne Bayern – Hits für Kinder“. Und das Team des reichweitenstärksten Senders im Freistaat hatte noch eine Idee: Jeden Tag erklingt im Radio um 17 Uhr die Bayernhymne, gesungen von Kathie Kleff. Dazu lädt der Sender alle Hörer*innen ein, ans Fenster zu gehen und zu klatschen: für alle, die zur Bewältigung der Krise beitragen, für alle, die helfen und besonnen bleiben und für den Zusammenhalt.

Screenshot: www.antenne.de

2. Nachbarschaftsinitiative und Gemeinschaftsgefühl

Unter #Zusammenhalt hat der Münchner Sender Radio Gong 96.3 eine Nachbarschaftsinitiative gestartet. Auf einem eigens dafür eingerichteten Online-Portal können sich sowohl Menschen melden, die helfen wollen, als auch die, die Hilfe suchen. Das Team des Senders bringt sie dann zusammen und vermittelt. On air greift Gong die Aktion dadurch auf, dass der Sender zum Beispiel bei potenziellen Helfer*innen anruft und Aufrufe startet, um die Aktion noch bekannter zu machen. Und für die Gesundheit und das Gemeinschaftsgefühl bietet Gong auch etwas an: Auf dem eigenen Instagram-Kanal soll es 20-minütige Yoga Live-Sessions geben.

3. Tipps für die Quarantäne

Jetzt, wo so viele Menschen plötzlich daheimbleiben müssen, weil sie nicht arbeiten können oder in Quarantäne sind, kommt es darauf an, das Beste aus der Zeit zu machen. Moderator*innen von Radio Galaxy Oberfranken haben dafür Tipps gesammelt und online gestellt: Hörbücher, Serien, Lesestoff. Dazu gibt es meist noch einen Teaser als Hörbeispiel, der Lust auf das Angebot machen soll.

4. Fremdsprachige Informationen und Trost für Musikfans

Damit sich Menschen, die kein Deutsch sprechen, über die Situation rund um Corona informieren können, bietet der Nürnberger Rocksender Gong 97.1 auf seiner Homepage alles Wichtige, Hinweise und Kontakte auch auf Türkisch und Russisch an. Und auch eine andere Rockstation, die Rock Antenne, will ihre Zielgruppe durch die Krise begleiten. Sie bieten einen neuen Live-Rock Stream an, um Musikfans über die Zeit ohne Konzerte hinwegzutrösten. Dazu hat der Sender seinen ursprünglichen Weihnachtsstream umgestaltet. Nun läuft dort ununterbrochen Live-Musik. Außerdem starten bald Quarantäne-Konzerte, also Online-Auftritte von Rock- und Metalbands, die von Rock Antenne präsentiert werden.

5. Hilfe On Air und auf Social Media

Vor allem auf Facebook schließen sich zurzeit viele Menschen zusammen und bilden Gruppen, in denen sie Hilfe organisieren und koordinieren wollen. Auch viele Radiostationen gründen solche Gruppen, um sie mit ihrer Reichweite so bekannt wie möglich zu machen. Der Augsburger Sender Hitradio RT1 zum Beispiel hat „Hand in Hand – für Augsburg Stadt und Land“ ins Leben gerufen. Die Redaktion selbst moderiert die Kommentare unter Beiträgen und lenkt die Anfragen in geordnete Bahnen. On air weisen extra produzierte Jingles und Promos auf die Ausnahmesituation hin und zeigen den Weg zu Hilfsangeboten. Es ist generell ein Trend, der seit den letzten Tagen bei vielen Sendern zu hören ist: Sie verändern ihren Klang. Nicht mehr die Marke selbst steht im Vordergrund, sondern der Zusammenhalt der Hörerschaft und die Hilfsangebote.

Screenshot: https://www.facebook.com/groups/rt1handinhand/

Viele Sender aus Bayern reagieren mit einer Mischung aus Information, Hilfsangeboten und Gemeinschaftsgefühl auf die Corona-Krise. Interessant ist auch: Einige lokale Unternehmen, die im Radio Werbung schalten, haben ebenfalls reagiert und aktuelle Spots produziert. Sei es die Bäckerei, die jetzt auch liefert oder die Apotheke, die aufs richtige Händewaschen hinweist. Die Beispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zumal viele Sender auch aktuell immer wieder neue Aktionen präsentieren. Doch sie zeigen, dass die lokalen Rundfunkanbieter ein für die Regionen unverzichtbares Medienangebot auf die Beine stellen – speziell in Krisenzeiten wie diesen.

Dezentral senden: Cloudlösung für Radiostationen

Einige Radiosender haben wegen der Corona-Krise auf dezentrale Home-Studios umgestellt. Die bayerische Firma NexCast bietet dafür technische Lösungen an.

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