Zukunft gestalten: 1E9 und der Weg zu neuen Technologien

Von Lena Kaess
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Nicht nur online aktiv: Das 1E9-Team möchte durch Events wie das „Festival der Zukunft“ seine Community stärken. / Foto: Julian Baumann

Mit optimistischem Techjournalismus und dem „Festival der Zukunft" macht 1E9 aus München Zukunftstechnologien zugänglich und baut Berührungsängste ab. Die eigene Zukunft sichert das Team rund um Wolfgang Kerler und Daria Saharova durch ein breit gefächertes Angebot und die Stärkung seiner Community.

Im Herzen Münchens, auf dem Areal des Deutschen Museums, haben vier Visionär:innen – Daria Saharova, Herbert Mangesius, Wolfgang Kerler und Krischan Lehmann – 2019 die 1E9 Denkfabrik ins Leben gerufen. Während nebenan die großen Erfindungen der Vergangenheit präsentiert werden, fördert 1E9 den Innovationsgeist der Gegenwart. „Wir schaffen ein Ökosystem, in dem Tech-Expert:innen und -Interessierte, Startups, Investor:innen, Industrie sowie Medien- und Kunstschaffende zusammenkommen können“, erklärt Mitgründer Wolfgang Kerler. Im Zentrum stehen die zwei Hauptprodukte: Journalismus und Events. Ein Magazin auf der 1E9-Website deckt die wichtigsten Technologietrends ab – von künstlicher Intelligenz bis Gentechnik. Das

Ziel: Wissen breit zu streuen und Diskussionen anzuregen. Das wichtigste Event, das „Festival der Zukunft“ mit dem Deutschen Museum, organisiert 1E9 jedes Jahr, auf dem Programm stehen Diskussionen, Vorträge und interaktive Erlebnisse sowie Kunstinstallationen.

 

»Man hat oft Angst vor dem, was man nicht kennt. Unser Festival hilft, Berührungsängste abzubauen.«

Daria Saharova

Foto: Julian Baumann

Mit diversem Team zum erfolgreichen Startup

Den Anstoß zu 1E9 gab Ende 2018 die Einstellung des Tech-Magazins „Wired“, das vom Condé Nast Verlag herausgegeben wurde. Wolfgang Kerler, der damalige Chefredakteur, teilte die Nachricht via Twitter – woraufhin Herbert Mangesius, der zu diesem Zeitpunkt mit Daria Saharova die Münchner Tech-Konferenz Daho.am kuratierte, in einem Kommentar sein Bedauern äußerte. Man kannte sich schon, führte also Gespräche – und die Idee zu 1E9 war geboren. Die Konstellation der Gründer:innen ist keine gewöhnliche. Herbert Mangesius und Daria Saharova sind Investor:innen, Wolfgang Kerler und sein ehemaliger Condé-Nast-Vorgesetzter Krischan Lehmann stammen aus der Medienbranche. Das Teamist sich einig, dass sich die unterschiedlichen beruflichen Hintergründe ergänzen. „Investor:innen sind es gewohnt, groß und in Geschäftsmodellen zu denken, anders als Journalist:innen wie ich. Daher sind Daria und Herbert sehr gute Sparringspartner“, sagt der 1E9-Chefredakteur.

Mit dem Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens auf der einen Seite und den journalistischen Erfahrungen auf der anderen optimiert das vierköpfige Team kontinuierlich das Onlinemagazin sowie das Festival. Gemeinsam haben die Gründer:innen, dass sie sehr früh und vor der breiten Masse von neuen, innovativen Technologien erfahren: Saharova und Mangesius analysieren Trends, betreiben Marktforschung und pflegen enge Beziehungen zu Startups und Innovationszentren, während Kerler und Lehmann ihre Kontakte zu Brancheninsidern nutzen und stets auf der Suche nach den neuesten Entwicklungen sind. Davon profitieren auch die User:innen von 1E9. Denn wenn Kerler & Co. frühzeitig an neuen Themen dran sind, ist es die zahlende Community auf der Website, die als Erstes und exklusiv die News aus der Tech-Branche liest. „Unsere User:innen schätzen den Wert von gutem Journalismus und auch die Kuration durch eine Redaktion“, sagt Kerler.

Nähe zur Community steht an erster Stelle

Bei 1E9 soll die Community nicht nur von Journalist:innen produzierte Inhalte konsumieren, sondern auch aktiv interagieren – oder sogar selbst Beiträge erstellen. Die Medienplattform ist nicht auf maximale Reichweite aus, sie setzt stattdessen auf die Pflege der Beziehung zu ihren Mitgliedern. „Wir haben in den letzten Jahren viel ausprobiert. Viele haben Lust, sich einzubringen, aber nur wenig Zeit“, sagt Kerler. Besonders bewährt hätten sich niederschwellige Formate zum Mitmachen, beispielsweise Umfragen oder interaktives Storytelling mithilfe eines Chatbots – ideal für User:innen, die sich online sonst eher im Hintergrund halten. Derzeit würden sich außerdem die Anfragen von Mitgliedern mit Nischen- und Expertenwissen häufen, die mit Unterstützung der 1E9-Redaktion einen Artikel schreiben möchten.

„Oft muss ich gar nicht viel machen, weil unsere User:innen sehr gut schreiben können. Wir haben wirklich eine tolle Community“, sagt Kerler. Bedenken, dass 1E9 durch die starke Nutzerorientierung Gefahr läuft, den Mitgliedern zu sehr nach dem Mund zu schreiben, hat Kerler nicht. „Wir wollen, dass Leute für unser Produkt zahlen. Deswegen müssen wir auch einen Mehrwert liefern. Man muss sich also fragen, was die Community braucht und was ihr wichtig ist“, so Kerler. Genau aus diesem Grund bietet 1E9 nicht nur ernsten Tech-Journalismus an, sondern auch unterhaltende Formate. „Journalismus darf auch Spaß machen. Es darf mal etwas Leichteres oder etwas Experimentelles dabei sein“, sagt Kerler. Er spielt dabei auf Artikel an wie „Unmotivierter KI-Chatbot: Leidet ChatGPT an Winterblues?“ oder „So luxuriös könnte ein Weltraumaufzug aussehen“. „Wir bieten sehr viel rund um das Thema Science-Fiction an. Das sind teilweise wirklich abgefahrene Geschichten, die so vielleicht kein anderes Medienportal hat. Muss man die unbedingt gelesen haben? Vielleicht nicht. Aber beim Lesen entstehen neue Gedanken, die man vorher nicht hatte. Man wird inspiriert, wenn man mit Ungewohntem konfrontiert wird“, so Kerler.

 

»Die Zukunft ist keine Naturkatastrophe, die über uns hereinbricht. Wir können sie aktiv gestalten.«

Wolfgang Kerler

Foto: Julian Baumann

Optimismus statt Schwarzmalerei

Mit 1E9 verfolgt das Team den Ansatz eines optimistischen Journalismus und schließt – nach eigenen Aussagen – in Deutschland eine Marktlücke. „Die Zukunft ist keine Naturkatastrophe, die über uns hereinbricht. Wir können sie aktiv gestalten“, sagt Kerler. Ihm zufolge liegt der Fokus der allgemeinen deutschen Technologieberichterstattung vor allem auf amerikanischen Tech-Unternehmen wie OpenAI und neuen Entwicklungen in China sowie den Gefahren von Zukunftstechnologien. „In Deutschland herrscht ein negatives Narrativ zum Thema Technologie, zu Startups und zum Gründen. Ich glaube, das ist ein Grund, weshalb wir in einigen Märkten die führende Rolle verloren haben“, fügt Daria Saharova hinzu. Dem 1E9-Team ist wichtig zu betonen, dass es trotz optimistischer und zukunftsgewandter Berichterstattung eine kritische Haltung zu den Themen einnimmt. Es gilt aber der Anspruch, bei Kritik auch Lösungen anzubieten.

Innovation erleben beim „Festival der Zukunft

„Man hat oft Angst vor dem, was man nicht kennt. Gerade unser Festival hilft dabei, Berührungsängste mit Technologie abzubauen“, sagt Saharova. Zahlreiche Speaker:innen aus der Wissenschaft, der Industrie, der Kunst und Kultur bieten auf dem „Festival der Zukunft“ Impulse und Lösungsansätze für eine bessere Zukunft. Zudem pitchen Tech-Startups ihre Ideen, während Unternehmen ihre technologischen Innovationen, etwa im Bereich Virtual Reality, präsentieren. An den öffentlichen Familientagen dürfen auch die Jüngsten Erfahrungen sammeln und zum Beispiel lernen, wie man selbst Roboter baut. Die Festival-Besucher: innen sollen mit nach Hause nehmen, dass moderne Technologie Spaß machen kann – und sinnvoll einsetzbar ist.

Doch das Festival leistet mehr als bloße Aufklärungsarbeit: Es ist auch ein zentrales Instrument zur Stärkung der 1E9-Community. Mit über 10.000 Besucher:innen ist es nicht nur ein Ort der Inspiration, sondern auch der Vernetzung. 2024 wurde dort ein speziell entwickeltes Matching- Tool eingeführt, das Festival-Gäst:innen mit ähnlichen Interessen und Kenntnissen zusammenbrachte. Das Ziel: wertvolle und inspirierende Kontakte knüpfen, die das private und geschäftliche Leben bereichern. Darüber hinaus bieten digitale Treffen mit Expert:innen die Möglichkeit, den Austausch auch nach dem Festival fortzusetzen und die Community weiter zu stärken.

Eine Plattform, viele finanzielle Standbeine

Wirtschaftlich ist 1E9 breit aufgestellt. Ihre Mischfinanzierung besteht aus mehreren Säulen: Mitgliedsbeiträge des Onlinemagazins,bezahlte Content-Partnerschaften und die Ticketerlöse sowie Sponsoringeinnahmen des „Festivals der Zukunft“. Hinzu kommen Einnahmen aus der Arbeit an Research-Projekten und Beratungstätigkeiten – daher auch der Namenszusatz „Denkfabrik“. Eine Zeit lang schaltete 1E9 auch Anzeigen, derzeit läuft das Angebot aber werbefrei. Zukünftig kann sich Kerler vorstellen, wieder auf Werbeformate zurückzugreifen: „Wenn wir Werbung schalten, dann muss sie kontextbasiert und hochwertig sein, passend zu unseren Themen. Eine interessante und werberelevante Zielgruppe haben wir auf jeden Fall.“ Zuvor stehen andere Veränderungen bei 1E9 an. So möchte das Team zukünftig zum Beispiel mehr Events ins Leben rufen.

Mitmachen, statt nur zu konsumieren: Mit Umfragen oder interaktiven Storytellings fördert 1E9 den Austausch seiner Community und stärkt das Wirgefühl. / Foto: Julian Baumann

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