spec.studio: Kuratoren der Innovation“

Von Chris Schinke

2018 haben Korbinian Urban und Richard Pusch die Geschäftsführung von spec.studio übernommen. / Foto: spec.studio

Richard Pusch und Korbinian Urban bieten mit ihrem spec.studio 3D-Animationen und -Renderings für mittelständische Unternehmen an. Das Dachauer Studio will mit seinen Lösungen „visuelle Revolutionen“ schaffen und wurde 2023 mit dem Deutschen Agenturpreis ausgezeichnet. Wir sprachen mit den beiden Geschäftsführern über ihre Arbeit, den rasanten technologischen Fortschritt bei der Contentproduktion und die Bedeutung, die KI jetzt und in Zukunft für spec.studio haben wird.

„Mehr Hollywood für den Mittelstand“ heißt es auf eurer Website. Warum ist es aus eurer Perspektive für den Mittelstand so wichtig, in einer neuen, zeitgemäßen Form zu kommunizieren?

Richard Pusch: Wir leben in einer extrem visuell geprägten Welt. Social Media und Webauftritte haben das in den letzten Jahren verstärkt. Menschen erwarten, dass Content ansprechend ist. Wenn man das als Unternehmen nicht hat, geht man vor allem im Bereich der sozialen Medien schnell unter, weil Kund:innen an dieser Stelle Vertrauen und Qualität vermittelt wird. Wer bei seiner Zielgruppe Eindruck machen will, braucht ein gewisses visuelles Auftreten.

Korbinian Urban: Gerade in unserer globalisierten Welt befinden sich Unternehmen in Konkurrenz zu globalen Playern. Für die deutschen Unternehmen muss das Qualitäts-Label „Made in Germany 2.0“ entscheidend werden. Kommunikation auf dem Niveau eines Konzerns wie Apple – und das für den deutschen Mittelstand. Für unsere Kunden wollten wir das so verständlich wie möglich machen: Hollywood bedeutet Emotion pur, „für den Mittelstand“ beschreibt die Budget-Größenordnung, die wir anbieten.

Welchen konkreten Ansatz verfolgt ihr als Unternehmen?

Korbinian: Wir revolutionieren die Art und Weise, wie Content produziert wird. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir effiziente und nachhaltige Pipelines, die jeden Bereich der Medienproduktion abdecken. Grundlage sind oft vorhandene CAD-Daten. Sind diese nicht vorhanden, können auch individuelle 3D-Modelle angefertigt werden. So sind Produktvariationen und Updates einfach und kostengünstig darzustellen.

»Wir leben in einer extrem visuell geprägten Welt. Social Media und Webauftritte haben das in den letzten Jahren verstärkt.«

Richard Pusch

Foto: spec.studio

Experten für 3D-Renderings und 3D-Animationen

 

Könnt ihr etwas über euren Werdegang erzählen? Was hat euch zu spec.studio geführt?

Richard: Die Firma hieß früher Spektrum Digitale Medien. Sie wurde 2007 gegründet. Wir waren dort beide angestellt. Vor fünf Jahren haben wir sie übernommen. Damals bestanden die Leistungen hauptsächlich in der Layout-Erstellung und der Bildbearbeitung. Uns war klar, dass angesichts der Entwicklungen dieser Bereich nicht mehr weiterführend war. Bereits als Angestellte haben wir begonnen, die Entwicklung bei 3D-Renderings und 3D-Animationen anzustoßen. Nach der Übernahme haben wir uns dann noch stärker in diese Richtung entwickelt.

Korbinian: Im Unternehmen teilen wir uns die Arbeit so auf: Richard macht die Projektsteuerung und die Kundenkontakte und ich bin für die Technik und die kreative Ecke zuständig.

Welches Know-how bringt euer Team mit?

Richard: Wir beide arbeiten seit vielen Jahren im Marketing-Bereich und haben viel Erfahrung bei der Kommunikation von großen Konzernen. Kleineren Unternehmen können wir viel davon mitgeben. Unser Team besteht aus Mediengestalter:innen, 3D-Artists und wir haben eine Auszubildende für den Bereich Gestaltung immersiver Medien. Das ist ein ganz neuer Ausbildungsberuf. Damit sind wir maximal auf der Höhe der Zeit. Uns treibt die Frage an, wie wir weiter vorankommen. Was ist jetzt möglich? Und was wird morgen oder übermorgen möglich sein?

Korbinian: Das repräsentiert auch die Philosophie, wie wir personell strukturieren. Wir bilden selbst aus. Das heißt, wir wollen immer ein Kernteam haben, um die relevanten Leistungen aus uns selbst heraus aufzubauen. Wenn es an einer Stelle komplexer wird, erweitern wir um Fachkompetenzen auf freiberuflicher oder partnerschaftlicher Basis. Wichtig ist, dass wir der Ansprechpartner bleiben und das fertige Produkt liefern.

Technologischer Fortschritt ermöglicht Ergebnisse, die zuvor nur große Studios lieferten

 

Im Bereich 3D-Animation und 3D-Renderings tut sich technologisch gerade unglaublich viel. Was macht den Moment, in dem wir uns befinden, aus eurer Perspektive so spannend?

Richard: Durch die neuen Strukturen, Möglichkeiten, Tools und Programme kommt man jetzt viel leichter zu Zielen, die früher nur große Studios erreichen konnten. Diese Schwelle verschiebt sich im Augenblick.

Korbinian: Unsere Philosophie ist software- und technikbasiert. Wir wollen unseren Kunden Lösungen anbieten, die zu ihrem Budget passen. Theoretisch kann man ein zehnköpfiges Team aufbauen, das sich mit nichts anderem als Motion beschäftigt, das würde aber nicht zur Zielgruppe passen, die wir im Auge haben. Wie können wir mit welchem Aufwand ein gutes Ergebnis liefern? Diese Frage steht bei uns im Vordergrund. Eine weitere spannende Frage ist: Wo reicht statischer Content – also Bild und Video – aus, und ab wann muss es als Game Engine erlebbar, begehbar, veränderbar sein? Ab wann ergibt es Sinn, einem Kunden Interaktivität vorzuschlagen?

Interaktivität in welcher Form?

Korbinian: Das kann eine VR-Brille sein, die eine Umgebung begehbar macht, oder ein Mini-Game. Was uns treibt, ist nicht allein die Lust an der Technik – die haben wir absolut –, es muss jeweils zur Situation des Kunden passen.

Richard: In Deutschland sind wir eher ein bisschen langsam und vorsichtig, was die Adaption neuer Technologien angeht. Die großen Player gehen stärker in diese Möglichkeiten rein. Die Frage ist aber, wann der Punkt erreicht ist, von dem an es von den Großen auf die Kleineren Player überschwappt. Es ist nicht immer sinnvoll, das technisch Modernste zu tun.

Korbinian: Wir sehen uns in der Hinsicht als Kuratoren der Innovation. Für jeden Kunden fragen wir uns spezifisch: Was macht Sinn und was macht keinen Sinn?

 

»Wir haben KI in jedem unserer Arbeitsabläufe.«

Korbinian Urban

Foto: spec.studio

Welche Rolle spielt KI im Moment bei eurer Arbeit?

Korbinian: Wir kommunizieren den Kunden die Möglichkeiten, die KI bietet. Für uns ist es die bisher größte Chance, uns weiterzuentwickeln. Stand jetzt haben wir keine Angst, von KI ersetzt zu werden. Kürzlich habe ich ein schönes Zitat gelesen: ‚Nicht KI ersetzt den Menschen, sondern Menschen, die KI benutzen, ersetzen Menschen, die keine KI benutzen.‘ Vor zwei Jahren haben wir mit den ersten KI-Tools angefangen. Das war noch vor dem großen Hype. Damals dachten wir, das dauert noch fünf oder sechs Jahre, bis es sich durchsetzt. Tatsächlich haben wir KI heute in jedem unserer Arbeitsabläufe.

Richard: KI ermöglicht es uns, an die Qualität großer Studios heranzukommen, da sie großen Personalaufwand reduziert.

In welchen Arbeitsschritten kommt KI bei euch zum Einsatz?

Korbinian: Angefangen haben wir mit der Bild-Interpolation, also dem Hochrechnen oder dem qualitativen Verbessern der Auflösung von Bildern. Der nächste Schritt war dann, dass wir angefangen haben, in der Postproduktion KI Tools einzusetzen. Mittlerweile verwenden wir KI auch für Voice Overs. Aber auch in anderen Bereichen wie etwa bei Zielgruppenanalysen. Bildgeneratoren wie Midjourney und Stable Diffusion benutzen wir, um den Bildgebungsprozess zum Kunden hin schneller zu machen.

Welche Use Cases beschäftigen euch gerade in diesem Bereich?

Richard: Was uns aktuell stark beschäftigt, ist ein Digital-out-of-Home-Media-Thema mit BMW, bei dem wir merken, dass digitale Screens auch in Deutschland immer stärker bespielt werden. Es wird zunehmend erkannt, dass man mittels Bewegtbild ganz anders kommunizieren kann als mit statischem Content.

Ein weiterer Case ist die Stadtsparkasse Dachau, die mit einem mutigen Kommunikationskonzept die Zielgruppe junge Azubis anspricht. Ursprünglich ging es dabei um ein Kommunikationskonzept für einen Messestand. Mittlerweile haben wir die Optik breiter angepasst. Künftig wollen wir sämtliche Werbemittel, die sich an Schüler:innen und junge Menschen richten, dahingehend umsetzen und im selben Stil kommunizieren. Alles basiert auf unseren initial ausgearbeiteten 3D-Daten.

Wir sind sehr gut mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Dachau und des Landkreises vernetzt. Die hat kürzlich ein Projekt gestartet: die digitale Einkaufsstadt Dachau. Innerhalb dieses Projekts werden wir einen Workshop machen, indem wir zeigen, welche Möglichkeiten es heute gibt, Leute in den Laden zu ziehen und Produkte besser zu präsentieren.

Korbinian: Wir sehen uns auch als Benchmarkpartner. Man kann uns dazu holen, wenn man als Unternehmen das Gefühl hat, etwas für die digitale Kommunikation tun zu müssen.

Welche zukünftigen Projekte stehen bei euch an und wo wollt ihr weiter mit spec.studio hin?

Richard: Gemeinsam mit einer jungen Filmemacherin aus Österreich haben wir gerade ein Projekt beim FilmFernsehFonds Bayern eingereicht. Sie arbeitet stark im Bereich VR, Kunst und Education. Unser Projekt befasst sich mit einem Hochwasserereignis in Österreich. Mittels VR wollen wir eine emotionale Geschichte erzählen, die die Menschen für Umweltthemen sensibilisieren soll.

Welche Bedeutung hat für eure Arbeit der (Medien-)Standort Bayern?

Richard: Wir hatten beide das Glück, hier bereits geboren und aufgewachsen zu sein. Für uns hat sich nie die Frage gestellt, irgendwo anders hinzumüssen. Der Wirtschaftsstandort München und Bayern ist ein wahnsinnig guter. Es gibt viele interessante Netzwerke, die staatlich gefördert werden, in denen Unternehmen gezielt miteinander vernetzt werden. Uns kommt das absolut zugute.

Korbinian: Gerade in Bezug auf Fachkräfte ist der Standort von Vorteil. Er wirkt richtiggehend magnetisch. Davon profitieren wir als Unternehmen.

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