Vermarktungschef Haruka Gruber: „DAZN-Nutzer:innen sind einzigartig”

Von Florentina Czerny
8

Foto: DAZN

Wer gerne Fußball, Dart und Co. guckt, kommt an DAZN nicht vorbei. Seit acht Jahren gibt es die britische Streamingplattform auch in Deutschland mit Sitz in München mittlerweile gehört sie zu den bekanntesten Namen der Branche. Im Interview erzählt Haruka Gruber, Senior Vice President Media, was den Erfolg des Sport-Streamers ausmacht und wie er profitabel und unabhängig werden möchte. Und er zieht Bilanz zum ersten Fußballturnier, das DAZN selbst organisiert und veranstaltet hat: der Infinity League.

Haruka, DAZNs jüngster Wurf ist die Infinity League, ein Hallenfußball-Turnier, das am 26. Mai im Eissportzentrum München zum ersten Mal von euch veranstaltet wurde und kostenlos gestreamt werden konnte. Was war die Idee dahinter?

Haruka Gruber: Mit der Veranstaltung haben wir zwei strategische Ziele verfolgt. Zum einen sind wir immer auf der Suche nach neuen Projekten, die einen Mehrwert für die Fans und Werbetreibenden bieten. Da hat sich die Möglichkeit ergeben, einen komplett neuen Wettbewerb einzuführen, dessen Setup und Regeln wir so bestimmen, dass sie das Interesse beider Gruppen gleichermaßen wecken. Und zum anderen wollten wir insgesamt eine breitere Zielgruppe unter den Zuschauer:innen erreichen.

Mittlerweile ist die Medienzielgruppe dreigeteilt: Es gibt die klassischen linearen TV-Zuschauer:innen, Durchschnittsalter um die 60, die Streamingnutzer:innen – wir können nachweisen, dass das Durchschnittsalter unserer Streamer:innen bei 37 Jahren liegt –, und dann gibt es die ganz Jungen, also Gen Z und Gen Alpha, die viel auf TikTok und Instagram unterwegs sind. Wir hatten das Gefühl, dass die klassischen Sportligen noch sehr auf ältere Zielgruppen ausgerichtet sind. Wir wollten deshalb ein neues Turnier in die Welt bringen, das auch eine junge Zielgruppe anspricht, indem wir Sport und Unterhaltung auf bis dato nie dagewesene Art und Weise kombinieren.

Infinity League: Die nächste Ausgabe in Deutschland ist noch für dieses Jahr geplant

Die Veranstaltung war für euch ein großer Erfolg: Zwei Millionen Menschen haben das Turnier gestreamt. Wie fällt dein Fazit aus?

Haruka: Wir sind sehr zufrieden. Als Streaminganbieter sind wir es natürlich gewohnt, große Fußballspiele bestmöglich live zu produzieren und an Broadcaster weltweit weiterzugeben. Aber einen kompletten Wettbewerb durchzuführen, bei dem wir von Ticketing, Sicherheitsbestimmungen bis hin zu Catering an alles denken müssen, war eine Herausforderung. Wenn wir uns anschauen, wie wir das geschafft haben, bin ich sehr zufrieden. Zum anderen sollte die Veranstaltung auch kommerziell ein Erfolg werden und wir sehen: Die Zuschauerzahlen waren da, alle Werbekunden und Partner waren sehr zufrieden und auch die Fußballspieler und Content Creator waren glücklich.

Welchen nachhaltigen Effekt erhofft ihr euch von der Infinity League?

Haruka: Die Infinity League war von Anfang an nicht als einmaliges Turnier geplant. Wir haben sehr viel Zeit in die Organisation gesteckt und jetzt erwarten wir, dass die nächsten Events leichter umgesetzt werden können. Wir werden die Infinity League in Deutschland auf jeden Fall fortsetzen und planen die nächste Ausgabe für das zweite Halbjahr. Wir möchten sie aber auch in andere Länder ausweiten, denn das ist ein großer Vorteil von uns als globales Unternehmen – in Spanien, Italien, Japan oder Frankreich ist DAZN zum Beispiel ebenfalls sehr groß. Für uns ist die Infinity League strategisch wichtig, weil wir uns dadurch mit unserer Vermarktung neu aufstellen wollen. Die Zuschauer:innen konnten das Turnier unter anderem auf Pluto TV und kicker.de komplett kostenlos streamen, damit wurde eine viel größere Zielgruppe generiert und die Werbeeinnahmen maximiert. Außerdem wollten wir damit so viele Augen wie möglich mit der Marke DAZN vertraut machen. Bereits seit einiger Zeit bieten wir eine komplett kostenfreie Option für Sportfans an, die ausgewählte Live-Sportinhalte, wie zum Beispiel dem FA-Cup-Finale oder El Clásico, ohne Kosten über die DAZN-App schauen können. Dafür muss man sich lediglich registrieren. Auch die Infinity League war Teil von diesem Angebot.

 

»Ich denke, dass es irgendwann eine Konsolidierung geben wird, aber wir glauben an die Stärke der Skalierung. Sprich: Wir sind sehr groß im Sport, aber wir werden auch in der Unterhaltung immer relevanter. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Content haben, den die Leute sehen möchten.«

Haruka Gruber

Foto: DAZN

Du sagst, euer Ziel ist es, als Unternehmen profitabel zu werden. Wie sieht euer Plan dafür aus?

Haruka: Kostendisziplin. Nach acht Jahren, in denen wir jetzt in Deutschland sind, wissen wir, welche Inhalte funktionieren. Das ist ein großer Wettbewerbsvorteil. Das heißt aber auch, dass wir bei Inhalten konsequent reagieren müssen, die wir zwar spannend fanden, die aber von unseren Werbekunden und Abonnent:innen nicht so geschätzt wurden und die nicht den Wert zurückgebracht haben, den wir erwartet haben. Zusätzlich setzen wir auf Effizienz bei der Content-Akquise und eine gute Vermarktung. Damit sind wir definitiv auf dem richtigen Weg.

DAZN gehört in Deutschland mittlerweile zu den größten Sport-Streamern. Was ist euer Erfolgsrezept?

Haruka: Alles hat mit unserer Streaming-App begonnen, aus der wir mittlerweile zwar herausgewachsen, aber durch die wir bekannt geworden sind. Wir haben die Möglichkeit gefunden, einige Multi-Touchpoints zu etablieren, indem wir Partnerschaften geschlossen haben. Wir machen zum Beispiel mit dem kicker zusammen den wöchentlichen Podcast „kicker meets DAZN”, der sich als einer der größten Fußball-Podcasts Deutschland etabliert hat und den man kostenlos auf allen Podcast-Plattformen streamen kann. Als First Mover haben wir auf den sogenannten FAST-Plattformen, also digitales lineares TV, Kooperationen mit Samsung und Pluto gestartet, über die wir Events wie Fußballspiele oder Dart-Turniere kostenlos zeigen. Dadurch können sich Zuschauer:innen mit unserer Marke vertraut machen und wir haben die Chance, Werbeumsätze zu generieren.

DAZN setzt selbstbewusstes Pricing bei Abonnements und Werbekunden an

Der Streamingmarkt wird seit Jahren immer größer, es gibt immer mehr Anbieter. Spürt ihr, dass sich langsam eine gewisse Sättigung einstellt und sich weniger User:innen für ein Abo entschließen?

Haruka: Bei DAZN Gott sei Dank nicht. Wir geben zwar keine Abonnentenzahlen bekannt, aber wir können berichten, dass wir erst vor kurzem einige Reichweitenrekorde gebrochen haben. Ich denke aber, dass es irgendwann eine Konsolidierung geben wird. Klar gibt es immer mehr Player, aber wir glauben an die Stärke der Skalierung. Sprich: Wir sind sehr groß im Sport, aber wir werden auch in der Unterhaltung immer relevanter. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Content haben, den die Leute sehen möchten.

Gleichzeitig hat DAZN die Abopreise erhöht. In einem LinkedIn-Post plädierst du dafür, als Streaminganbieter selbstbewusst im Pricing zu sein, sowohl bei Abos als auch bei Werbekunden. Mit welchen Reaktionen seid ihr dadurch konfrontiert?

Haruka: Sowohl bei Werbepartnern als auch bei Abonennt:innen ist ein gewisses Rückgrat von Nöten. Wir müssen ihnen gegenüber herausarbeiten, warum es wert ist, DAZN zu abonnieren oder Werbung bei DAZN zu kaufen. Den Großteil der Werbeeinnahmen generiert nach wie vor das lineare Fernsehen. Ich habe das Gefühl, dass Werbepartner bei Streaminganbietern noch vorsichtiger sind und oft das Argument vorbringen, man könnte die Reichweite nicht wirklich messen. Aus meiner Sicht ist das unbegründet. Wir wissen, dass der DAZN-Nutzer sehr viel guckt und vor allem lange im Stream bleibt, dabei häufig einen zweiten Screen nutzt und so gut wie kein lineares Fernsehen mehr schaut. Was die Abonnent:innen angeht, können wir klar sagen, dass der Preis gerechtfertigt ist für das, was wir bieten. Wir wissen, was wir wert sind.

Die Infinity League ist DAZNs neuester Vermarkungswurf: Das Hallenfußballturnier fand im Mai zum ersten Mal statt, der Stream war kostenlos verfügbar. Noch in diesem Jahr soll es eine zweite Ausgabe geben. / Fotos: DAZN

Die Infinity League ist DAZNs neuester Vermarkungswurf: Das Hallenfußballturnier fand im Mai zum ersten Mal statt, der Stream war kostenlos verfügbar. Noch in diesem Jahr soll es eine zweite Ausgabe geben. / Fotos: DAZN

Die Infinity League ist DAZNs neuester Vermarkungswurf: Das Hallenfußballturnier fand im Mai zum ersten Mal statt, der Stream war kostenlos verfügbar. Noch in diesem Jahr soll es eine zweite Ausgabe geben. / Fotos: DAZN

Die Infinity League ist DAZNs neuester Vermarkungswurf: Das Hallenfußballturnier fand im Mai zum ersten Mal statt, der Stream war kostenlos verfügbar. Noch in diesem Jahr soll es eine zweite Ausgabe geben. / Fotos: DAZN

Die Infinity League ist DAZNs neuester Vermarkungswurf: Das Hallenfußballturnier fand im Mai zum ersten Mal statt, der Stream war kostenlos verfügbar. Noch in diesem Jahr soll es eine zweite Ausgabe geben. / Fotos: DAZN

2019 habt ihr DAZN für Werbung geöffnet Ist eine Finanzierung allein durch monatliche Abos als Streamingdienst nicht mehr machbar?

Haruka: Auf jeden Fall spricht die aktuelle Entwicklung dafür. Werbevermarktung ist mittlerweile neben den Abonnement-Einnahmen eine der zwei wichtigsten Finanzierungssäulen. Dass Netflix und Amazon die Werbevermarktung ebenfalls eingeführt haben und Disney+ plant, sie einzuführen, spricht dafür, dass sie ein essentieller Teil des Monetarisierungsmodells sein muss.

Hochwertige Werbepartner zu gewinnen und zahlende Abonnent:innen zu behalten, klingt nach einem Interessenskonflikt. Wie gelingt die Gratwanderung?

Haruka: Leider gibt es dafür kein Rezept oder irgendein Buch, in dem man nachlesen könnte, wie die perfekte Balance aussieht. Wir nutzen sehr viele Daten und versuchen immer wieder zu messen, wie unsere Abonnent:innen reagieren. Die Herausforderung ist zu schauen, wie weit man gehen kann, sodass die eine Seite profitiert und die andere nicht zu sehr benachteiligt wird. So haben wir beschlossen, dass wir keine überlangen Werbeblöcke haben möchten. Damit können wir unseren Werbepartnern eine gewisse Exklusivität bieten und für uns ein höheres Pricing ansetzen. Mit diesem Konzept sind die meisten unserer Kunden, unsere Nutzer:innen und auch unsere Redaktion zufriedener, weil diese mehr Zeit hat, ihren Content zu platzieren. Wir sind überzeugt, dass wir da eine gute Mitte gefunden haben, nicht zu viel Werbung zu zeigen, aber doch genug, um kommerziell erfolgreich zu sein.

Transparenz, Exklusivität und Branded Content: Das macht den finanziellen Erfolg von DAZN aus

Welche Werbemaßnahmen haben sich aus deiner Sicht für DAZN bisher als besonders effektiv erwiesen?

Haruka: Es gab vier wichtige Säulen: Zum einen sind wir als Streamingpartner der transparenteste. Wir arbeiten mit verschiedenen Datenerhebungsunternehmen zusammen und kommunizieren die Ergebnisse offen. So können wir sagen, dass DAZN-Nutzer:innen einzigartig und im linearen Fernsehen schwer zu erreichen sind. An zweiter Stelle steht die geringe Ad-Load, die unseren Werbepartnern besagte Exklusivität sichert. Drittens: Ein wichtiges Thema für uns ist auch der sogenannte Branded Content. Hier produzieren wir für einzelne Events zusammen mit Werbepartnern Inhalte, die nicht nur werblich, sondern auch unterhaltend sind. Das Vierte ist Distribution. Das bedeutet: Durch unsere vielfältigen und kostenlosen sowie kostenpflichtigen Plattformen mit unterschiedlichen Zielgruppen können wir unseren Werbepartnern ganzheitliche Angebote machen.

Was macht für euch als großen Streamer den Medienstandort Bayern so attraktiv?

Haruka: Ich glaube, es ist kein Zufall, dass wir in München sitzen. Ich bin vor 18 Jahren aus Hamburg hierhergezogen, um bei Sport1 ein Praktikum zu machen. Später habe ich dort mein Volontariat absolviert und bin letztendlich nie aus München weggegangen. Ich hatte nie einen Grund gehabt, wieder wegzuziehen. Warum? Weil hier die Medienzentrale ist. Es gibt hier so viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln, dazu zählen auch die vielen interessanten Studienmöglichkeiten in dem Bereich. Die Stadt steckt voller guter Medienmenschen, da macht München und Bayern schon sehr viel richtig.

Mehr von XPLR: MEDIA in deinem E-Mail-Postfach

Der Newsletter von XPLR: MEDIA in Bavaria zeigt dir, wie innovativ der Medienstandort Bayern ist. Join the innovators!

go to top

Bleibe mit dem XPLR: Newsletter immer auf dem Laufenden!

Newsletter abonnieren