Virtuelle Erlebnisse – 9 innovative XR-Projekte aus Bayern

Von Joely Rosa Krabel

Das XR-Sportgerät ICAROS in Action. / Foto: ICAROS

Menschen an neue Orte bringen, sie miteinander vernetzen, unterhalten oder sogar beruhigen: das ist dank XR so einfach wie nie. Extended-Reality-Technologien werden für zahlreiche Projekte, Apps, und Kunstinstallationen in Bayern genutzt, um beeindruckende Erlebnisse zu schaffen. Aber auch in Bildung und Medizin haben XR-Anwendungen einen Nutzen. Wir stellen neun innovative bayerische Projekte vor.

WiLDNiS AR

Die App von Lisa Eder schafft spielerisch ein Bewusstsein für die Natur. Nutzer:innen sehen mit der Kamerafunktion am Smartphone oder Tablet, wie ein digitales Waldstück vor ihnen heranwächst. Tiere und Pflanzen erscheinen dann direkt im Büro, Klassenraum oder im eigenen Wohnzimmer. 3D-Animationen, kurze Filme und Audioaufnahmen bieten Kontext und erklären das Gesehene. Vor allem junge Nutzer:innen soll die App über das bayerische Waldleben aufklären. Sie bietet dabei einzigartige Einblicke: Ein Röntgenblick in die Bruthöhle eines Buntspechtes beispielsweise ermöglicht Beobachtungen, die in der Natur nicht möglich sind.

Wer/Wo?: WiLDNiS AR, gefördert durch den FilmFernsehFonds Bayern, wurde von der Passauer Dokumentarfilmerin Lisa Eder im Team mit Andrea Zimmermann, Rico Reitz und Björn Jensen mit Punchin Pictures in München entwickelt. Die App ist bei Google Play und im App Store gratis zum Download erhältlich.

Magic Horizons

Magic Horizons, gegründet in Neufahrn bei Freising, ist ein Programm zur Entspannung, Stressreduktion und mentalen Regeneration in Virtual Reality. Die Verbindung aus detaillierten 360-Grad-Umgebungen in 3D, beruhigender binauraler Musik (mit beiden Ohren wahrnehmbar) und modernster Virtual Reality-Technik wurde wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit geprüft. Die Software enthält Übungen à la „Dr. Kawashimas Gehirnjogging” sowie zahlreiche Videos, die Nutzer:innen virtuell mit Delfinen im Wasser schwimmen oder an Stränden spazieren gehen lassen. Einsatz finden soll Magic Horizons dank seines ganzheitlichen Konzepts unter anderem im medizinischen Bereich in Seniorenheimen oder auch Krankenhäusern zur Beruhigung von Patient:innen vor Behandlungen.

Wer/Wo?: Giorgio und Martin Koppehele haben das Unternehmen mit einem internationalen Team aus erfahrenen Video- und Audioproduzent:innen, Designer:innen und Programmierer:innen ins Leben gerufen. Die VR-Brille ist inklusive der Software-Anwendungen im Abomodell erhältlich, es können aber auch nur die virtuellen Bestandteile bestellt werden, falls schon ein VR-Headset vorhanden ist.

Munich Oktoberfest – The Official Game

2023 hat die K5 Factory aus München das offizielle VR-Spiel zum Oktoberfest angekündigt. Auf der bunt gestalteten Wiesn sollen Besucher:innen bekannte Fahrgeschäfte ausprobieren, sich mit anderen Spielenden treffen und in Minispielen gegeneinander antreten können. Auch der eigene Avatar, mit dem man sich über das Festgelände bewegt, soll individualisierbar sein – selbstverständlich im bayerischen Trachten-Look. Um das Spiel so realistisch wie möglich zu gestalten, sind auch Aussteller:innen und Festwirte an der Gestaltung beteiligt. Im September 2024 soll das Spiel offiziell erscheinen. Dann heißt es „O'zapft is“ im digitalen Bierzelt. In der Zwischenzeit können sich Interessierte schon zum Newsletter anmelden und Teil der Testing-Community werden.

Wer/Wo?: K5 Factory entwickelt das Spiel mit Unterstützung des FilmFernsehFonds Bayern (FFF) und des Oktoberfests München. Wann und wo es erhältlich sein wird, steht noch nicht fest, Updates gibt es aber immer wieder auf dem offiziellen Twitter-, beziehungsweise X-Kanal.  

Screenshot aus der App WiLDNiS AR

Anwendung Dolphin Dream von Magic Horizons

Screenshot aus der App Insects & Us

Eine Postkarte vom Theaterstück „Ein Flanellnachthemd“ in Benutzung

ICAROS Home aufgebaut im XR Hub München

Insects & Us

Die Anwendung Insects & Us mit 3D-Animationen der R5 Region Five Media GmbH aus Nürnberg erlaubt einen virtuellen Blick auf die Welt der Insekten. Mit einem Fingertipp lässt sich eine Naturlandschaft auf jeder Oberfläche erzeugen. Nutzer:innen bewegen sich frei im Raum und entdecken etwa Schmetterlinge oder Ameisen. Beim Näherkommen erklären  Wissenschaftler:innen alles über die Eigenschaften der verschiedenen Arten. Die Macher:innen wollen so die Bedeutung der Tiere für uns und unser Ökosystem deutlich machen. Das besondere dabei: Durch die liebevollen und künstlerischen Darstellungen werden sich selbst Insekten-scheue Nutzer:innen von den Krabbeltieren nicht abgeschreckt fühlen.

Wer/Wo?: Insects & Us wurde von Kris Hofman und Abigail Addison in Kooperation mit angesehenen Wissenschaftler:innen aus der Biologie und Zoologie entwickelt und ist im Google Play und App Store gratis verfügbar. Gefördert wurde das Projekt unter anderem vom FFF Bayern.

Ein Flanellnachthemd

Das surreale Theaterstück „Ein Flanellnachthemd“ von Leonora Carrington wird vom Staatstheater Augsburg in Kooperation mit dem Stadttheater Ingolstadt in Augmented Reality präsentiert: In beiden Städten finden sich auf sechs unterschiedlichen Plakaten und Postkarten verteilt QR-Codes – beim Scannen erscheint jeweils eine Szene des Einakters auf dem eigenen Handy oder Tablet. Stück für Stück entfaltet sich so die ganze Vorführung und die neue, innovative Art des Theaterbesuchs. Schon im Februar 2023 haben Stadt- und Staatstheater bei einem ähnlichen Projekt zusammengearbeitet, um die Virtual Reality-Oper Orfeo ed Euridice“ zu verwirklichen.

Wer/Wo?: „Ein Flanellnachthemd“ entstand unter der Projektleitung von Tina Lorenz und ist kostenlos verfügbar. Die Postkarten und Plakate finden sich 2023 den ganzen Sommer lang für jeden zugänglich an Bahnhöfen, Bushaltestellen, Fußgängerzonen oder den Spielstätten beider Theater.

#JulietToo AR Statue

Die beliebte Julia-Capulet-Statue am Alten Rathaus in München ist 2023 zur AR-Installation für Awareness geworden. #JulietToo, ein Augmented-Reality-Monument der amerikanischen Digitalkünstlerin Tamiko Thiel, wurde im Juli offiziell eröffnet. Es ergänzt die Figur um einen QR-Code an ihrem Fuß. Wird dieser eingescannt, sieht man das Denkmal umgeben von abgewandelten Formen seiner selbst. Diese zeigen etwa Julia als Kämpferin in Kriegsausrüstung und mit nackter Brust, um Body Positivity zu schaffen und die Stärke der Frau zu symbolisieren. Das Projekt ist eine Reaktion auf einen veralteten Brauch in Verona, bei dem Besucher:innen der Statue an die Brust fassen, um Glück in der Liebe zu haben. Die Münchner Statue soll nun eine neue, positive Bedeutung erhalten und ein Statement setzen.

Wer/Wo?: Das AR-Netzwerk ARORA (#MakeUsVisible) und die Initiative denkFEmale haben mit Tamiko Thiel das Projekt #JulietToo umgesetzt. Das Kunstwerk wurde für die Ausstellung #MakeUsVisible x denkFEmale geschaffen und ist am Marienplatz erlebbar.

Gestalter:in für immersive Medien:

Der neu eingeführte dreijährige Ausbildungsberuf zielt auf den steigenden Fachkräftebedarf in der XR-Branche ab und soll motivierte junge Menschen mobilisieren, in Unternehmen das kreative Ruder für VR & Co. in die Hand zu nehmen. Auszubildende beschäftigen sich dual mit der Konzeption, Entwicklung und Umsetzung von Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und Mixed Reality (MR). Seit dem 1.08.2023 kann der Beruf staatlich anerkannt ausgebildet werden.

Berufliche Schulen in Bayern, die sich dafür interessieren und selbst ausbilden wollen, können zum XR HUB Bavaria Kontakt aufnehmen (hi@xrhub-bavaria.de). Das vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales geförderte Projekt bietet Raum für die Vernetzung von XR-Forscher:innen und Entwickler:innen mit Wirtschaft, Bildung und Kultur in Bayern. Weitere Informationen gibt es hier.

ICAROS

ICAROS Home ist ein Sportgerät, das Nutzer:innen mittels Virtual Reality in verschiedene Umgebungen transportiert und dort „fliegen“ lässt. In Bauchlage und mit angehobenen Hüften bewegt man sich auf der Halterung hin und her und steuert sich so beispielsweise durch die Berglandschaft Berchtesgadens, wo man durch einen Parcours aus Ringen schwebt. Das dient nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zu medizinischen Zwecken: Der Flug auf dem ICAROS spricht unterschiedliche Muskelgruppen an, fördert die Motorik und trainiert die Koordination beispielsweise von Schlaganfallpatient:innen.

Wer/Wo? Das Unternehmen ICAROS aus Martinsried bei München konzipiert und vertreibt verschiedene Ausführungen der VR-Sportgeräte inklusive Software für den gewerblichen und privaten Zweck. Eine der günstigeren Varianten, ICAROS Cloud 360, ist für 790€ erhältlich.

Marktredwitzer Krippen

Mit Virtual-Reality-Brille und Controller können Museumsbesucher:innen im Landkreis Wunsiedel in eine Krippenlandschaft eintauchen. Traditionell handgefertigte Marktredwitzer Figuren aus dem Egerland-Museum wurden dafür per 3D-Scan in den virtuellen Raum übertragen, um sie neu erlebbar zu machen und Schaden an realen Ausstellungsstücken zu vermeiden. In einer virtuell inszenierten Berglandschaft können die Figuren aus nächster Nähe betrachtet und in alle Richtungen bewegt werden. Das Besondere: Sogar die Oberflächenstruktur der betagten Stücke ist im Programm deutlich erkennbar und alles ist mit passenden Geräuschen hinterlegt – so blöken etwa die Schafe vor sich hin und das Jesuskind lacht.

Wer/Wo? Stefan Frank, Leiter der mobilen Jugendkunstschule in Marktredwitz, hat das Projekt mit dem Museum gestartet, um auch jüngere Menschen an die traditionellen Krippenlandschaften der Region heranzuführen. Die mobile Anlage lässt sich leicht auf- und abbauen und so auch in Klassenzimmern zu Bildungszwecken einsetzen.

HALF-CAB TS

Half-Cab TS ist ein raumbezogenes XR-Erlebnis der Münchner Medienkünstlerin Barbara Herold im Haus der Kunst. Das Simulationsprogramm Space-Engine lässt mittels einer Wandgrafik im Ausstellungsraum verschiedene abstrakte Elemente und geometrische Formen in verschiedenen Farben erscheinen. Besucher:innen des Museums können durch eine App in diesen Metaspace eintauchen und so auf eine neue Art mit der Kunst interagieren. Wurde die Software aufs Handy oder Tablet geladen, muss man nur die Grafik vor Ort scannen und schon erscheinen die AR-Elemente auf dem Bildschirm.

Wer/Wo?: Barbara Herold entwickelte „Half-Cab TS“ für die 6. Biennale der Künstler:innen im Haus der Kunst mit dem Titel „resetNOW!“. Bis zum 21. September 2023 können Museumsbesucher:innen die XR-Experience selbst testen. Die App ist kostenfrei bei Google Play und im App Store erhältlich.

Mehr von XPLR: MEDIA in Deinem E-Mail-Postfach

Der Newsletter von XPLR: MEDIA in Bavaria zeigt Dir, wie innovativ der Medienstandort Bayern ist. Join the innovators!

go to top

Bleibe mit dem XPLR: Newsletter immer auf dem Laufenden!

Newsletter abonnieren