Creatorinnen Teresa Katz und Carlott Bru: „Medien brauchen mehr Mut!“

Teresa Katz und Carlott Bru gelten auf TikTok und Instagram als repräsentative Stimmen für die Gen Z. Die eine als Chefin ihrer eigenen Modemarke, die andere als Journalistin und Lifestyle-Influencerin. Ein Austausch über Generationenunterschiede und wie Medienschaffende sie überbrücken können.

04.11.2025 6 Min. Lesezeit

Junge Generationen verstehen

Carlott, Teresa, haben wir eurer Meinung nach einen Generationenkonflikt? 

Teresa Katz: Nicht auf die Art und Weise, wie er in den Medien gerne dargestellt wird. Natürlich spielt Alter eine Rolle, aber das ist für mich ein gemachter Konflikt. Menschen wachsen unterschiedlich auf und werden unterschiedlich sozialisiert. Jede:r steckt in der eigenen Schublade und steht vor der Herausforderung, auch mal in die nächste oder übernächste reinzuschauen. 

Carlott Bru: Ich stimme Teresa zu – vieles davon ist konstruiert. Manches aber auch nicht. Das Thema Altersvorsorge zum Beispiel. Die Menschen im Ruhestand haben ihre Häuser und Eigentumswohnungen, während unsere Generation nur in Ausnahmefällen jemals eine Immobilie besitzen wird. Dass wir ohne diese Zukunftsperspektive mehr Wert auf Work-Life-Balance legen, kann unsere Elterngeneration wiederum nicht nachvollziehen. 

Teresa: Das stimmt. Babyboomer verstehen oft unsere völlig veränderte Lebensrealität nicht. Dabei geht es im Endeffekt doch allen Generationen gleich: Jede:r möchte verstanden werden.

Ihr habt zusammen über 200.000 Follower:innen. Wie erfüllt ihr die Erwartungen eurer Community? 

Teresa: Vor allem durch Authentizität. Aber auch dadurch, dass wir verstehen, wie Medien funktionieren, dass Informationen in kurze Einheiten verpackt sein müssen. Seine Zielgruppe verstehen – für unsere Generation heißt das vor allem, Leuten zu zeigen, dass sie gehört und gesehen werden. Es geht darum, eine ehrliche Verbindung zu schaffen. Dann hören die Menschen zu. 

Carlott: Ich füge nur drei Dinge hinzu: Kreativität, also dass man etwas Unerwartetes bietet. Dann, dass die Inhalte einen echten Mehrwert mitbringen. Und Emotionalität. Die funktioniert immer.

Man kann aus allem guten Content machen – für jede Plattform. In viralen Videos liest man in den Kommentaren oft: Eigentlich interessiert mich das Thema nicht, aber das Video war einfach krass gut gemacht. Die großen Medienhäuser müssen nur den Willen und die Manpower bereitstellen, Content ansprechend aufzubereiten.

Teresa Katz

Journalismus ins Digitale übersetzten

Was ist wichtiger: Thema oder Format? 

Teresa: Ich bin der Meinung, man kann aus allem guten Content machen – für jede Plattform. In viralen Videos liest man in den Kommentaren oft: Eigentlich interessiert mich das Thema nicht, aber das Video war einfach krass gut gemacht. Die großen Medienhäuser müssen nur den Willen und die Manpower bereitstellen, Content ansprechend aufzubereiten. Es reicht heute nicht mehr, Journalist:innen einfach Artikel schreiben zu lassen. 

Carlott: Ich erlebe das jeden Tag in meinem Beruf. Es braucht in der Medienwelt von heute Multifunktionsmenschen, die beim Interview noch mitfilmen und dabei am besten authentisch sind. Es gibt nur viel zu wenige, die das können und wollen. 

Ist das Alter der Creator:innen dabei ein Ausschlusskriterium? 

Carlott: Es kommt weniger aufs Alter an als auf Authentizität. Solange jemand ehrlich über etwas spricht, das mich interessiert, höre ich zu. Die Wahrscheinlichkeit ist aber natürlich höher, dass Gleichaltrige dieselben Themen interessieren wie mich. 

Teresa: Von jemandem, der 30 Jahre älter ist als ich, kann ich bestimmt viel lernen, aber in meinem täglichen Leben finde ich mich mehr in Frau Gretel wieder, die ungeschminkt im Bett liegt und sagt: „Heute gar kein Bock.“ Gleichaltrige sprechen die Sprache der Zielgruppe bereits, während Ältere sie erst lernen müssen.

Wo liegen die Grenzen von Social Media? 

Carlott: Nach meinem Bachelor habe ich direkt mit Videos angefangen, weil ich dachte, das interessiert viel mehr Leute als geschriebener Text. Aber irgendwann habe ich das Schreiben vermisst. Ich kann meine Gedanken mit mehr Tiefgang formulieren. In einem Social-Media-Video ist dafür kein Platz, da muss ich innerhalb einer Minute zum Punkt kommen, sonst bestraft mich der Algorithmus. 

Teresa: Für mich ist das größte Problem an Social Media, dass die Dinge so kontext- und zusammenhanglos präsentiert werden. Alles muss kurz und knapp sein, damit es überhaupt ausgespielt wird. Auch deswegen bleiben wir in unseren Schubladen stecken. In 60 Sekunden kann man die eigene Meinung sagen. Diese Zeit reicht aber nicht, um sie einzusortieren. 

Carlott: Genau da bietet sich eine Chance für klassische Medien: Tiefe, Ausgewogenheit, Nuance. Das sind alles Dinge, die auf Social Media keinen Platz haben.

Fotos: Markus Burke

Relevanz schaffen

Behandeln die klassischen Medien die richtigen Themen? 

Teresa: Ich finde durchaus immer wieder Themen in den Printmedien, die mich interessieren. Grundsätzlich sehe ich das Problem eher darin, dass unsere Generation nicht mehr die Aufmerksamkeitsspanne hat, sich die Artikel durchzulesen. 

Carlott: Früher gab es noch eine viel größere Diskrepanz zwischen dem, was im Journalismus behandelt wurde, und dem, was auf Social Media passierte. Ich kann das auch verstehen. Die Trends auf Social Media kommen und gehen superschnell, da ist es schwer, als großes Medienhaus mitzuhalten. 

Teresa: Ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel eine richtig gute Kolumne von Jungen für Junge funktionieren könnte. 

Und worüber müsste ein:e Kolumnist:in sprechen, damit die junge Generation mitliest? 

Teresa: Im Grunde wäre das wahrscheinlich egal. Ob über die Hot Takes aus der Musikszene der Gen Z, über Lieblings-TikTok-Trends oder Klamotten. 

Carlott: Oder Politik. Ich finde, unsere Generation ist wesentlich politikinteressierter als noch Millennials. Alles ist möglich. Außer vielleicht Autos – das ist ein Boomerthema. (beide lachen) 

Teresa: Stimmt. Aber Mobilität in der Stadt zum Beispiel nicht. Das interessiert uns. Am wichtigsten ist es, die Sprache der Zielgruppe zu sprechen. Wenn ein:e Kolumnist:in tatsächlich in der eigenen Sprache schreiben dürfte, auch umgangssprachlich, würde das bestimmt vielen Spaß machen. 

Heißt das, die Person ist wichtiger als das Thema? 

Carlott: In gewisser Weise schon. Wir leben in einer Zeit, in der es so viele Meinungen und Möglichkeiten gibt, dass die Menschen nach Personen suchen, die das alles für sie einordnen. Jemanden, dem man Vertrauen schenken kann. 

Teresa: Ich würde sagen, das Verhältnis liegt vielleicht bei 70 Prozent Persönlichkeit zu 30 Prozent Inhalt. Natürlich sind Inhalte wichtig, aber man kann nicht einfach irgendwen vor die Kamera setzen und hoffen, dass sie oder er bei der Gen Z gut ankommt. 

Die Branche hat schon genug neue Impulse bekommen, sie kommt ja gar nicht hinterher. Es verändert sich so viel und alle Medienhäuser stehen bereits stark unter Druck. Was ich aber sagen kann: Es hilft auf jeden Fall, zu akzeptieren und zu verstehen, dass die jüngeren Generationen eben anders ticken als die älteren.

Carlott Bru

Medienwandel mitgestalten

Welche neuen Impulse brauchen Medienunternehmen, um die junge Generation zu erreichen? 

Carlott: Gar keine. (lacht) Die Branche hat schon genug neue Impulse bekommen, sie kommt ja gar nicht hinterher. Es verändert sich so viel und alle Medienhäuser stehen bereits stark unter Druck. Was ich aber sagen kann: Es hilft auf jeden Fall, zu akzeptieren und zu verstehen, dass die jüngeren Generationen eben anders ticken als die älteren, dass man auch als ältere Generation nicht so steif sein muss, dass man auch locker und entspannt sein kann. 

Teresa: Stellt einfach mal die Praktikant:innen vor die Kamera. 

Carlott: Zum Beispiel! Kreativ zu sein, Dinge auszuprobieren, auch wenn sie scheitern könnten. Genau so funktioniert doch Social Media. Keine Angst zu haben, etwas falsch zu machen. 

Teresa: Vor allem weil gerade unsere Generation es wertschätzt, wenn sich jemand Mühe gibt. Klar, wenn der Content nicht gut ist, wird er erst mal von der Community auseinandergenommen. Aber danach sagt die Gen Z oft: Danke, dass ihr es wenigstens versucht habt. Dass ihr uns eine Bühne gegeben habt. Eigentlich kann man mit so einer mutigen Haltung nur gewinnen.

Carlott: Richtig. Eigentlich braucht es in erster Linie genau das: mehr Mut.

Bannerbild: Markus Burke

Über den Autor/die Autorin

Christian Ebert & Laura Koruga

newsletter

Du willst mehr zu Medieninnovationen am Standort wissen?

Bleib auf dem Laufenden mit aktuellen Artikeln und Event-Tipps direkt per E-Mail.