SenAm Games: Münchner Indie-Entwickler mit literarischem Anspruch

Das Studio SenAm Games aus München verbindet gesellschaftlich relevante Narrative mit mutiger Kreativität. Das Team rund um Gründer Senad Hrnjadovic setzt auf Diversität, künstlerische Handschrift und spielerische Erkundungsreisen.

13.10.2025 5 Min. Lesezeit

Das Studio SenAm Games aus München verbindet gesellschaftlich relevante Narrative mit mutiger Kreativität. Das Team rund um Gründer Senad Hrnjadovic setzt auf Diversität, künstlerische Handschrift und spielerische Erkundungsreisen.

Eigene Indie-Titel, aber auch Lernspiele für externe Auftraggeber – das ist die Nische, in der sich seit nunmehr sieben Jahren das Münchner Entwicklerstudio SenAm Games wohlfühlt. Während bei vielen Indie-Entwicklern das Gameplay die Hauptrolle einnimmt, merkt man den Spielen von SenAm Games vor allem die Liebe zum Erzählen von Geschichten an. 

Die Visual Novels des Studios sind künstlerisch anspruchsvoll gestaltet, cineastisch inszeniert und professionell vertont. Auch die Geschichten selbst sollen herausfordern und nicht nur unterhalten. Gesellschaftliche Themen spielen dabei eine wichtige Rolle, wie Gründer Senad Hrnjadovic im Interview verrät: „Wir wollen Themen aufgreifen, die gesellschaftlich relevant sind. Spiele machen, die etwas zu sagen haben.“

Hauma: München als Bühne

 „Hauma“ ist das Erstlingswerk von SenAm Games. Das 2023 erschienene narrative Detektiv-Abenteuer führt die Spielenden durch authentische Münchner Schauplätze und verknüpft eine spannende Story mit historischen Bezügen und gesellschaftlichen Themen. Das Spiel erzählt von Judith, einer einst erfolgreichen Ermittlerin, die einem geheimnisvollen Netz in Münchner Machtkreisen folgt und dabei auch reale Orte wie die Frauenkirche, das Haus der Kunst oder das Oktoberfest besucht. „Hauma greift echte Schauplätze in München auf. Spieler können diese Orte und damit  deutsche Kultur kennenlernen.“

Die Schauplätze reflektieren aber nicht nur das moderne München, sondern greifen auch mythologische und historische Folklore auf. Die Comic-inspirierte Grafik von „Hauma“ prägt die Stimmung und unterstützt die narrative Tiefe, visuell wie inhaltlich.

Wir wollen Themen aufgreifen, die gesellschaftlich relevant sind. Spiele machen, die etwas zu sagen haben. Hauma greift echte Schauplätze in München auf. Spieler können diese Orte und damit deutsche Kultur kennenlernen.

Senad Hrnjadovic

Diesen einzigartigen Stil verdankt „Hauma“ einer internationalen Riege von Künstlerinnen und Künstlern, darunter etwa eine polnische Comiczeichnerin. Technisch nutzte das Team von Anfang an die Godot Engine, deren Open-Source-Gedanke die demokratische Teamstruktur widerspiegelt. Das Feedback aus der Community und von Let’s Playern war überwiegend positiv.

Ein Comeback mit Mission

 Gegründet wurde SenAm Games 2018 von Senad Hrnjadovic, der nach Stationen in anderen Branchen in die Gameswelt zurückkehrte. Die ersten Jahre waren ein Wiederaufbau in Teilzeit. Am Anfang stand dabei die Vision, Spiele mit Aussagekraft zu entwickeln, die über reines Entertainment hinausgehen. „Wir wollen Themen spielerisch vermitteln, die gesellschaftlich relevant sind und für die Spieler eine Bedeutung haben“, fasst Hrnjadovic zusammen.

Das Team arbeitet vollständig remote und setzt sich aus regionalen und internationalen Mitgliedern zusammen. Diversität wird dabei aktiv gefördert – die bewusste Mischung aus unterschiedlichen Hintergründen und Geschlechtern half schon mehrfach dabei, Stereotypen in der Spielgestaltung zu vermeiden.

Die Balance zwischen Auftragsarbeiten und Herzensprojekten

Da sich Indie-Projekte nur selten selbst finanzieren, arbeitet SenAm Games in etwa der Hälfte der Zeit an Auftragsproduktionen, etwa Lernspielen, häufig in Kooperation mit Institutionen wie dem Goethe-Institut. Die gesammelte Erfahrung mit narrativen Spielen kommt dem Studio dabei zugute. Oft gibt es auch innerhalb dieser Auftragsarbeiten viel Raum zur kreativen Entfaltung.

Häufig gehe es den Auftraggebern darum, bestimmte Inhalte wie die deutsche Sprache oder das Erkennen von Fake News näherzubringen. Elemente wie das Genre, die Spielmechaniken, das Setting oder die Charaktere werden dann aber oft von SenAm Games entwickelt und ausgearbeitet.

Die große Games-Community in Bayern und verschiedene Förderungen sind für das Studio zudem essenziell: „Ohne das bayerische Ökosystem gäbe es uns nicht. Da gehört natürlich auch die Förderung dazu. Ohne Förderung gäbe es kein Spiel“, betont Hrnjadovic. Das Team sei zwar über ganz Europa verteilt, dennoch sei man sehr gut eingebunden in München. Die Unterstützung bei Events oder Messeauftritten gäbe in dieser Hinsicht viel Rückenwind. „SenAm Games würde es überhaupt nicht geben ohne das bayerische Ökosystem. Da gehört natürlich auch die Förderung dazu. Ohne Förderung gäbe es kein Spiel“, sagt der Studiogründer. 

Ein Literaturklassiker wird zum Spielen erweckt

 Das aktuelle  Projekt von SenAm Games basiert auf Alexandre Dumas‘ Roman „Die drei Musketiere“. Neben den gewohnten erzählerischen Stärken möchte das Studio hier auch mehr Action und die Erkundung einer 3D-Welt bieten. Paris wird als begehbare Metropole gestaltet und soll im Dialog und Setting historisch authentisch sein. Deshalb hat das SenAm-Team umfangreiche Recherchen angestellt und die Unterstützung eines Historikers zu Rate gezogen. „Da geht es auch um ganz banale Fragen wie: ,Gab es einen Bürgersteig im Paris des 17. Jahrhunderts?’. Solche Dinge kann uns nur ein Historiker beantworten“, erklärt Hrnjadovic.

Diese historische Authentizität, die beispielsweise auch die Assassin’s-Creed-Spiele von Ubisoft auszeichnet, ist eine große Herausforderung. SenAm Games hat daher etwa mit einer Concept Artist aus Frankreich zusammengearbeitet, die vor Ort visuelle Eindrücke sammeln konnte. Der Aufwand ist insgesamt größer als bei „Hauma“.

Hrnjadovic erhofft sich hiervon auch eine größere kommerzielle Reichweite: „Ich denke, das Spiel hat großes Potenzial. Viele kennen ,Die drei Musketiere’, es gibt also einen hohen Wiedererkennungswert.“ 

Das Ziel von SenAm Games bleibt es, packende Spiele zu entwickeln und vielleicht doch irgendwann ausschließlich von den eigenen kreativen Ideen überleben zu können. Diese Vision teilt Hrnjadovic mit vielen anderen Studios und Entwicklern in der Branche. „Ich glaube, alle Indies träumen davon, sich von den eigenen Spielen tragen und weiter Spiele entwickeln zu können.“ Wichtig ist ihm und seinem Team aber auch, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen und sie durch die Verbindung von Kreativität, Vielfalt und technischer Innovation spielerisch zu vermitteln.

Bannerbild: SenAm Games

Über den Autor/die Autorin

Jonas Herrmann

Ob Spiele, Bücher, Filme oder Serien: Jonas liebt gute Geschichten und schreibt leidenschaftlich gerne über sie. Als geborener Münchner interessiert ihn die bayerische Medienwelt dabei besonders.

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