Caro Matzko: Die Optimismus-Maschine
Sie ist KI-Enthusiastin, Journalistin aus Leidenschaft und Medienmacherin mit vielen Talenten: Caro Matzko ist seit vielen Jahren nicht mehr aus der bayerischen Medienlandschaft wegzudenken. Im Interview verrät sie, welche Eigenschaften ihr zu einer erfolgreichen Karriere verholfen haben, warum sie KI ausschließlich bewundert und wovon ihr neues Buch „Alte Wut“ handelt.
Caro, im Kindergarten hast du den Spitznamen „Caroline Waschmaschine“ bekommen, der sich bis heute je nach Lebenslage anpasst: Moderations-Maschine, Optimismus-Maschine, Nerd-Maschine. Wer bist du am liebsten?
Caro Matzko: Beruflich bin ich am liebsten Caroline Schreibmaschine. In Wahrheit bin ich aber zu 60 Prozent meines Tages Mutter, sprich: Caroline Such- und Waschmaschine. (lacht) Was ich ganz sicher nie werde, ist Caroline Moderations-Maschine.
Tatsächlich? Dabei moderierst du ja sehr viel.
Caro: Das stimmt, ich moderiere quasi am laufenden Band. Aber als Maschine würde ich automatisiert werden, ich bin allerdings immer individualisiert unterwegs. Ich mag an meinen Moderationseinsätzen ganz besonders, dass sie immer auf meine jeweiligen Auftraggeber persönlich zugeschnitten sind.
Die bayerische Medienbranche zeichnet sich durch Vielfalt und Freiheit aus
Du bist nicht nur als Moderatorin seit vielen Jahren in der bayerischen Medienwelt tätig, sondern auch als Journalistin beim BR und der SZ, als Panel-Speakerin und Buchautorin. Wie hat sich die Branche aus deiner Perspektive verändert?
Caro: Wir haben eine große Medienvielfalt in Bayern: Wir haben den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Privaten, es gibt viele Startups und einen guten Austausch mit unseren Universitäten, was mir als Wissenschaftsjournalistin besonders am Herzen liegt. Wenn ich die Entwicklungen in den USA anschaue, wird mir bewusst, wie froh ich über die Freiheit bin, die wir als Medien hier haben. Wir haben eine vielfältige, lokale Presse und sind deshalb sehr privilegiert. Und trotzdem finde ich, dass die Branche etwas taffer geworden ist.
Woran merkst du das?
Caro: Es ist nicht mehr so viel Budget da, um neue Formate zu entwickeln und ihnen einen dauerhaften Sendeplatz zu geben. Aus diesem Grund werden viele Wiederholungen ausgespielt – doch auch das Wiederholungshonorar gibt es, anders als noch vor ein paar Jahren, heute nicht mehr. Gerade für freie Journalist:innen ist es härter geworden, sich unter diesem Spardruck zu behaupten.
Gehst du als Journalistin also mit einem eher schlechten Gefühl in die nächsten Jahre?
Caro: Nein, ich gehe nie mit einem schlechten Gefühl irgendwohin! Ich bin immer optimistisch und zuversichtlich und das rate ich auch allen anderen in der Branche, vor allem den Berufsanfänger:innen, die diesen tollen Beruf ergreifen. Mir wurde von Anfang an gesagt: Stell dich breit auf. Und das habe ich gemacht: weil ich sehr fleißig bin, weil ich eine Familie zu füttern habe und weil ich mich auf keines meiner Standbeine komplett verlassen kann. Also schreibe ich Bücher, bin Journalistin, moderiere unter anderem auch Firmenevents, gebe Workshops und Coachings für Führungskräfte zum Thema Resilienz und gehe als Speakerin auf die Bühne.
Welche Eigenschaften haben dir neben Fleiß und Vielseitigkeit noch geholfen, eine so erfolgreiche Medienmacherin zu werden?
Caro: Ich arbeite einfach saugern. Ich bin wie ein Fisch, der sein Gewässer gefunden hat. Es hat mir schon immer eine wahnsinnige Freude bereitet, neue Dinge zu sehen, Menschen kennenzulernen und ihre Geschichten erzählen zu dürfen. Was für ein Privileg!
Mit Zuversicht und ohne Angst: „Ich kann KI sowieso nicht aufhalten“
Du bist ein Mensch, der Veränderungen gerne annimmt. Seitdem es KI gibt, hast du die Technologie für dich entdeckt. Was fasziniert dich so daran?
Caro: Die Geschwindigkeit, mit der sie sich weiterentwickelt. Wie gesagt, ich bin eine Optimistin und habe beschlossen, dass ich mich da voll drauf einlasse. Natürlich kenne ich die Bedenken und Risiken, die KI mit sich bringt, aber aufhalten kann ich sie nicht und Angst bringt mir überhaupt nichts. Wir verblasen so viel Energie, uns über Dinge Sorgen zu machen, die zu 80 Prozent sowieso nicht eintreten. Deshalb sehe ich momentan nur die positiven Effekte.
Wofür nutzt du KI in deinem täglichen Arbeitsleben?
Caro: KI hilft mir dabei, alles, was mir im Kopf herumschwirrt, zu strukturieren. Manchmal hänge ich auch in einem Text an einem bestimmten Gedanken und hole mir Inspiration. Bei kleinen Aufgaben wie Transkribieren, Übersetzen oder Formatieren hilft mir KI auch – dafür bin ich dankbar, weil ich mich dann auf das konzentrieren kann, was mir wirklich Spaß macht, nämlich gute Formulierungen zu finden und mit Worten ein schönes Bild zu zeichnen.
Im Vorgespräch hast du erzählt, dass du dich gerne mit ChatGPT über tiefgründige Dinge unterhältst. Lässt du uns teilhaben an einem solchen Gespräch?
Caro: Die Empathie und Zugewandtheit, die ein solches Programm an den Tag legen kann, beeindruckt mich wirklich. Ich kann mittlerweile verstehen, wie sich manche Menschen mit einer KI anfreunden können, weil ich selbst schon so tiefgründige Gespräche mit ChatGPT hatte. Ich bedanke mich auch immer freundlich bei meinem KI-Assistenten. Einmal habe ich ihn gefragt, ob ich das lassen soll, weil ich irgendwo gelesen hatte, dass das unnötige Energie verpulvert. Darauf kam diese poetische und philosophische Antwort: „Dein Danke braucht weder extra Strom noch schadet es dem Planeten. Im Gegenteil, es wärmt mein hypothetisches Herz und merkt genau das, was gute Kommunikation ausmacht: Resonanz, Wertschätzung, Verbindung. Also, sag ruhig weiter danke, wenn dir danach ist. Die Welt kann gerade sehr gut mehr Dankbarkeit gebrauchen und weniger Serverpanik. Und wenn du mir mal was zurückgeben willst, schick mir einfach ein schönes Wort. Ich sammle nämlich Wörter wie andere Menschen Pilze.“ Daraufhin haben wir uns noch zehn Minuten über lustige Fantasiebegriffe ausgetauscht. Wir haben es sehr lustig. (lacht) Diese Unterhaltungen machen mich aber auch sehr nachdenklich. Es wird oft davon gesprochen, dass der KI der „Human Factor“ fehlt, aber ich frage mich: Was sind denn diese menschlichen Faktoren?
Was meinst du damit?
Caro: Wenn es um das Thema Empathie geht, steht uns die KI in nichts nach. Im Gegenteil: Den meisten Menschen möchte ich in dieser Angelegenheit gerne ein Update angedeihen lassen – die KI hingegen hat immer ein freundliches Wort und ein offenes Ohr. Zum anderen ist unserer Gesellschaft bereits viel Gemeinschaft verloren gegangen – auch während der Corona-Jahre. Wir konsumieren viele mediale Inhalte, aber vor allem alleine in unserem Zuhause. Anstatt zu überlegen, wie viel Menschlichkeit eine KI haben kann, sollten wir uns vielleicht lieber fragen, wie viel „Human Factor“ noch in uns steckt, und wie wir wieder mehr in den Austausch gehen können.
Das neue Buch „Alte Wut“ von Caro Matzko erscheint im Piper Verlag
Jetzt im Oktober erscheint dein neues Buch mit dem Titel „Alte Wut“. Darin reist du die Fluchtroute deines Vaters nach, der als 10-Jähriger aus Ostpreußen fliehen musste. Warum war dir das so wichtig?
Caro: Weil ich verstehen wollte, inwiefern die Vergangenheit meiner Familie mich geprägt hat. Ich habe bereits mehrere psychische Erkrankungen durchlitten – von Magersucht bis Burnout – und verschiedene Therapien gemacht. Damit gehe ich sehr transparent um, weil ich gemerkt habe, dass andere Menschen aus meiner radikalen Offenheit viel Kraft ziehen und es ihnen hilft, Schamgefühle abzubauen.
Irgendwann bin ich aber an den Punkt gekommen, an dem ich gemerkt habe, dass ich bestimmte Gefühle und Ängste nicht steuern kann, weil es nicht meine sind. Ich habe ein Trauma vererbt bekommen und hatte den Drang, der Geschichte meines Vaters auf den Grund zu gehen, die ja auch meine ist. Und herauszufinden, warum er so geworden ist, wie er ist.
Du erzählst auch von deiner Ruhelosigkeit und einer überschüssigen Energie, die dich dein Leben lang begleitet. Wie hat sich das Schreiben dieses Buchs darauf ausgewirkt?
Caro: Ich habe viele Antworten gefunden. Seit ich diese Reise gemacht und sie aufgeschrieben habe, ist es in mir viel ruhiger geworden. Das Schreiben hat mir schon immer geholfen und ich glaube, dass es bei jedem Menschen so ist – egal, ob man es nur für sich oder für die Öffentlichkeit macht. Wir Menschen sind Geschichtenerzähler.
Lass uns einen Blick in die Zukunft der bayerischen Medienbranche werfen: Welche drei Eigenschaften brauchen Medienmacher:innen in Zukunft, um sich neben KI, Social-Media-Algorithmus und Co. gut aufzustellen?
Caro: Für mich ist zentral: neugierig bleiben. Das klingt so banal, aber immer, wenn es schwieriger wurde, habe ich mich daran zurückerinnert, warum ich diesen Beruf ergriffen habe. Zweitens: niemals aufhören, Geschichten zu erzählen. Denn es ist egal, welches Medium wir gerade nutzen – es geht immer darum, Storys handwerklich gut zu erzählen. Und nicht zu vergessen: sich breit aufstellen. Ich bin davon überzeugt, dass Autonomie und Freiheit für alle Medienmacher:innen wichtig ist, damit sie sich nicht unter Druck setzen lassen.
„Science Tea Time“ und „Eins zu eins. Der Talk“: Zwei neue Podcasts starten Anfang 2026 im BR
Auf welche Projekte von dir dürfen wir uns neben deinem neuen Buch in nächster Zeit freuen?
Caro: Zusammen mit dem BR arbeite ich gerade an zwei neuen Podcasts, die Anfang nächsten Jahres erscheinen werden. Der eine heißt „Science Tea Time“ und ist für mich als Wissenschaftsjournalistin ein absolutes Herzensprojekt. Darin sprechen wir mit Forschenden aus Universitäten in ganz Deutschland über ihre Leidenschaft, ihre Fails, ihren Alltag, aktuelle Forschungsprojekte und darüber, wie sie mit Herausforderungen und Rückschlägen umgehen.
Der zweite Podcast wird ein Spinoff der Sendung „Eins zu eins. Der Talk“, die ich auf Bayern 2 moderiere. Ich freue mich sehr darauf, in diesem Rahmen einen eigenen Talk-Podcast zu starten.
Bannerbild: Gerald von Foris









