Programmhighlights – Dokus aus Bayern beim DOK.fest 2021

2020 war das DOK.fest eines der ersten Filmfestivals, das kurzfristig als Distanzveranstaltung per Streaming stattfand – mit großem Erfolg. Auch in diesem Jahr muss es ohne das Kino gehen. 131 Filme aus 43 Ländern können sich die Zuschauer:innen direkt ins Wohnzimmer holen. Wir haben in das Programm geschaut und unsere Highlights aus und über Bayern gesammelt.

05.05.2021 5 Min. Lesezeit

Hinter den Schlagzeilen

Der Eröffnungsfilm von Daniel Sager gibt Einblicke ins Investigativ-Ressort der Süddeutschen Zeitung (SZ), das sonst berufsbedingt stets etwas im Verborgenen arbeiten muss. Zumindest bis zur Veröffentlichung ihrer brisanten Enthüllungen: Panama Papers, Edward Snowden, Waffengeschäfte. Im Mai 2019 veröffentlichen die SZ und Spiegel Online Videos, die den damaligen österreichischen FPÖ-Vizekanzlers Heinz-Christian Strache zeigen. Die Ibiza-Affäre wird publik und keine zwei Wochen später zerbricht die Regierung. Die Doku begleitet die redaktionellen Entscheidungen ganz nah mit der Kamera.

 

Der Wilde Wald

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist riesig und vor allem: wild. Zusammen mit dem angrenzenden tschechischen Nationalpark Böhmischer Wald bildet er das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Mitteleuropas. Es kommt ohne Forstwirtschaft, also ohne Pflanzung und Rodung aus. Die Natur kann sich hier natürlich entwickeln. Die Münchner Filmemacherin Lisa Eder setzt dieser beeindruckenden Naturdoku ein Denkmal.

Das Zelig

Im Münchner Café Zelig treffen sich jüdische Überlebende der Shoah. Um mit Menschen mit ähnlichen Erfahrungen zu reden, wenn sie es denn können und wollen. Auch über 75 Jahre nach dem Holocaust sitzt das Trauma tief. Bei manchen kommt jetzt erst die Zeit, in der sie sich erinnern können. Das Zelig bietet ihnen dafür einen geschützten Raum. Tanja Cummings durfte den Raum über zwei Jahre lang immer wieder betreten, um mit der Kamera Zeugin der besonderen Begegnungen dort werden.

Teachers for Life

Ein Film über Lehrerinnen und Lehrer, die in dem Beruf ihre Berufung gefunden haben. Solche, wie man sie vielleicht gerne gehabt hätte, die für ihre Schulkinder einstehen und alles versuchen, um sich in ihre Situation einzufühlen und sie zu erreichen. Der Film von Julian Wildgruber und Kathrin Höckel portraitiert Menschen, die mit viel Engagement und Leidenschaft versuchen, Schule als einen positiven Ort des Lernens und der Begegnung zu gestalten.

Warum kann der Teufel nicht schön sein

Von München nach Berlin, rund 570 Kilometer zu Fuß und das an nur sieben Tagen? Danial Shakar hat sich das vorgenommen. Der Rucksack ist mit Proviant vollgepackt, die Kamera dabei – und dann geht alles schief: Zu langsam, zu dunkel, kein Wasser, kein Strom. Eine sehr persönliche Reisedoku der anderen Art über die Zeit mit sich selbst und den Kampf mit der Überforderung.

Ich habe in Moll geträumt

Musiker finden zufällig das Schwabinger Tagebuch des Schweizer Autoren Walter Rufer ine einem Antiquariat. Er möchte ein großer Schriftsteller werden, verfolgt dieses Ziel 13 Jahre lang – jedoch ohne Erfolg. In den Tagebüchern geht es um Alkohol, ums Schlafen und ums Träumen. Zeit seines kurzen Lebens blieben die Werke unveröffentlicht. Erst nach dem Fund wurden sie unter dem Titel “Der Himmel ist blau. Ich auch” herausgebracht. Der Film fragt, wer dieser Mensch war, der im München der 1960er-Jahre Künstler sein wollte.

Das 36. DOK.fest München läuft von Mittwoch, den  5. Mai, bis Sonntag, den 23. Mai. Die meisten Filme sind zeitlich flexibel abrufbar, einige haben ein Zeitlimit. Weitere bayerische Dokus sind in der Reihe Münchner Premieren und unter den nominierten für den FFF Förderpreis zu finden.

The Invisible – Die Geschichte der Welle

Auch in der Kategorie DOK.special Crime [&] Investigation gibt es Geschichtliches. „The Invisible – Die Geschichte der Welle“ trifft die Teilnehmer des weltbekannten Sozialexperiments des Lehrers Ron Jones, bei dem sich seine Klasse erschreckend einfach den Mechanismen einer faschistischen Jugendorganisation hingab.

Chaddr – unter uns der Fluss

Einen außergewöhnlichen Schulweg begleitet „Chaddr – unter uns der Fluss“ in der Reihe DOK.horizonte. Der Film führt in einer viertägigen Wanderung den Gebirgsfluss des Himalaya entlang. Für die beeindruckenden Bilder ist der an der Hochschule für Fernsehen und Film ausgebildete Kameramann Munsu Park verantwortlich. Durch den Klimawandel ist dieser Schulweg noch gefährlicher geworden.

Eine Frage der Haltung

Geografisch näher, aber ebenfalls vor dem Hintergrund der Umwelt-Thematik, spielt die Münchner Premiere „Eine Frage der Haltung“. Der Titel ist doppeldeutig: In dem Film des Münchner Ethnologenehepaars Felix und Miriam Remter geht es um die Imkerei und den Gegensatz von naturnahen Methoden und wirtschaftlicher Effizienz.

Automotive

Industrielle Produktion thematisieren auch zwei sehr unterschiedliche Filme von HFF-Studenten, die für den mit 3.000 Euro dotierten Student Award nominiert sind. Jonas Heldts „Automotive“ begleitet zwei Frauen in der Autobranche, eine Leiharbeiterin und eine Headhunterin.

Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit

Yulia Lokshinas „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ setzt die Proben einer Schultheatergruppe zu Bertolt Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ einem Unfall in einer realen Fleischfabrik entgegen.

Was tun?

Eine ganz andere Arbeitswelt ist der Ausgangspunkt von Michael Kranz’ „Was tun?“ Diese Frage stellt sich der Autor angesichts seines Themas Zwangsprostitution, bei dem er nicht nur Zuschauer bleiben will.

Swinger – Die wunderbare Welt des Partnertauschs

Im krassen Gegensatz dazu dreht sich Stefan Zimmermanns Film um eine Szene, die sich über das Ausleben sexueller Freiheiten steht: “Swinger – Die wunderbare Welt des Partnertauschs”.

Die bayerischen Dokumentarfilme auf dem DOK.fest bieten 2020 ein extrem breites inhaltliches Spektrum und bedienen sich verschiedenster dokumentarischer Formen. Neben den Auszeichnungen der jeweiligen Filmreihen treten viele von ihnen im Wettkampf um den mit 5.000 Euro dotierten Förderpreis des FilmFernsehFonds Bayern an.

Wegen der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie kann das Publikum das komplette Programm 2020 sehr bequem genießen: Per Stream lassen sich die Produktionen einfach ins heimische Wohnzimmer holen.

Über den Autor/die Autorin

Benedikt Frank

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