Studio Isar Animation: Über die Nostalgie von morgen

Studio Isar Animation im Porträt: Das Münchner CGI-Studio arbeitet mit internationalem Anspruch und kreativen Wurzeln in der Landeshauptstadt. Ein Besuch in der Kreativschmiede für Animationsfilm am Leuchtenbergring.

26.08.2025 7 Min. Lesezeit

Wenn heutzutage im Kino Heidi und der Ziegenpeter auf der Alm tollen, die Biene Maja und ihr Willi um die Wette summen, dann steht hinter diesen liebevollen und gewitzten Computeranimationen das Studio Isar Animation. Das Münchner Produktionsstudio hat sich in wenigen Jahren zu einer festen Größe im europäischen Animationsmarkt entwickelt. Mit starken Marken wie „Die Biene Maja“ und „Heidi“, die das Unternehmen mit modernsten Technologien wiederbelebt, sowie mit neuen Formaten wie „Das Geheimnis von La Mancha“ oder dem kommenden „Die Biene Maja“-Spin-off „Arnie [&] Barney“ zeigt das Studio, dass qualitativ hochwertige Animation aus Deutschland nicht nur möglich ist, sondern auch auf internationaler Bühne standhalten kann.

Gegründet 2018 als Tochterunternehmen von Studio 100 International, verfolgt das am Münchner Leuchtenbergring ansässige Studio seit jeher eine klare Vision: kreative und technische Exzellenz in der CGI-Produktion mit einer Formsprache, die international Anklang findet. Visuelle Klarheit, sympathisches Character Design und emotionale Lichtführung treffen den Geschmack des Publikums und sind zugleich Markenzeichen der liebevollen Produktionen. CEO Martin Krieger beschreibt die Gründung des Unternehmens auch von heute aus betrachtet als „logischen und strategisch wichtigen Schritt“, um Geschichten für Kinder und Familien ganzheitlich über alle Kanäle hinweg zu erzählen – von TV und Kino über Streaming bis hin zu Lizenzprodukten und Merchandising.

Märkte, Marken, Möglichkeiten: Perspektiven für deutsche Animation

 

„In einem volatilen Kinomarkt hat sich Family Entertainment zuletzt als äußerst stabiles Segment erwiesen – insbesondere im internationalen Rechtehandel. Animierte Filme aus Deutschland zählen regelmäßig zu den umsatzstärksten Exporttiteln. Gerade der Bereich Kinder- und Familienunterhaltung wächst weltweit – da liegt für deutsche Studios ein enormes Potenzial“, betont Krieger.

Wenn wir völlig frei wählen könnten, würden wir mehr Serien machen. Serien geben uns die Möglichkeit, Charaktere langfristig weiterzuentwickeln – und sie tragen zur nachhaltigen Auslastung des Studios bei.

Foto: Studio100 International

Martin KriegerCEO, Studio Isar Animation

Gleichzeitig wird das Umfeld selektiver. Plattformen und Sender setzen vermehrt auf etablierte IPs, um Risiken zu minimieren. Serien wie „Stranger Things“ oder „Ghostbusters“ werden als Animationsformate neu aufgelegt. Studio Isar Animation begegnet diesem Trend mit einer Doppelstrategie: zum einen mit Spin-offs wie „Arnie [&] Barney“, die auf erfolgreichen Marken aufbauen. Zum anderen mit originären Formaten, die gemeinsam mit Partnern entwickelt werden, wie der Abenteuerfilm „Das Geheimnis von La Mancha“.

Dabei spielt München als Standort eine wichtige Rolle. Die Nähe zur HFF, die zentrale Lage in Europa und nicht zuletzt die enge Verzahnung mit Studio 100 International schaffen ein stabiles Netzwerk. Studio Isar Animation kann dabei nicht nur für Service Work auf ein gut ausgebautes internes Produktionsnetzwerk zurückgreifen, sondern operiert auch im Rahmen internationaler Co-Produktionen – etwa mit Spanien und Norwegen. Der Mutterkonzern Studio 100 International hat neben dem Kinomarkt auch den Seriensektor im Blick. Im Fall der farbenfrohen australischen Vorschulkinderserie „Vegesaurier“ fungiert Studio 100 als Co-Investor und weltweiter Vertriebspartner.

Konsequent erscheint daher auch das politische Anliegen des Studios: Head of Studio Laura Langhammer und Martin Krieger wünschen sich eine Ausweitung der automatischen Förderung auf Serienproduktionen sowie die Einführung einer Investitionsverpflichtung für Plattformen, wie sie etwa in Frankreich besteht.

„Wenn wir völlig frei wählen könnten, würden wir mehr Serien machen“, sagt Krieger. Im Augenblick sei die Förderung von Serienprojekten aber noch nicht vergleichbar mit der von Kinofilmen. „Serien geben uns die Möglichkeit, Charaktere langfristig weiterzuentwickeln – und sie tragen zur nachhaltigen Auslastung des Studios bei.“

Visuelle Welten, die emotional berühren und handwerklich überzeugen

 

Was Studio Isar Animation antreibt, ist mehr als Effizienz und Produktionslogik. Es ist die Leidenschaft für das Erzählen – und der Anspruch, visuelle Welten zu schaffen, die sowohl emotional berühren als auch handwerklich überzeugen. Dabei verstehen sich die Macher:innen als klar „Artist-driven“: Kreativität beginnt im Team. Durch flache Hierarchien, tägliche kreative Abstimmung und eine bewusste Rückendeckung durch Prozesse will das Studio genau jene Räume schaffen, in denen Exzellenz überhaupt erst entstehen kann.

„Wir wollen die Nostalgie von morgen schaffen“, sagt Studioleiterin Laura Langhammer – und meint damit nicht nur ikonische Bilder, sondern auch das Vertrauen darauf, dass originäre Ideen und handwerklich starke Umsetzungen ein Publikum über Jahrzehnte begleiten können.

Mit einem erfahrenen Kernteam aus Animationskünstler:innen, die zuvor bei internationalen Größen wie ILM, Framestore, Weta, Sony, MPC oder Scanline tätig waren, und den In-House Departments Asset, Set Dressing, Look Development, Lighting, FX, Compositing und DMPs (Digital Matte Paintings) bietet Studio Isar Animation heute nicht nur kreative Qualität, sondern auch ein hohes Maß an Effizienz. Die eigene Infrastruktur – von der lokalen Renderfarm bis zu flexiblen Remote-Work-Setups – erlaubt es, hochwertige Projekte innerhalb kontrollierbarer Budgets umzusetzen.

Besonderes Augenmerk legen wir auf die Qualität der Lichtsetzung. So unterstützen wir – ähnlich wie mit Musik – Stimmungen und Emotionen zusätzlich.

Foto: privat

Laura LanghammerHead of Studio, Studio Isar Animation

„Besonderes Augenmerk legen wir auf die Qualität der Lichtsetzung“, erklärt Laura Langhammer. „So unterstützen wir – ähnlich wie mit Musik – Stimmungen und Emotionen zusätzlich.“ Der visuelle Feinschliff gehört zur Handschrift des Hauses: Detailverliebte Texturen, stimmungsvolles Lighting und ein erzählerischer Fokus auf emotionale Bildwelten prägen das kreative Selbstverständnis. Produktionen wie „Heidi – Die Legende vom Luchs“, die aktuell im Kino zu sehen ist, oder „Das Geheimnis von La Mancha“ gelten intern als Gradmesser für diesen Stil.

Für den neuen Heidi-Film hat das Studio Isar Animation einen Look geschaffen, der „Lust macht, in die Berge zu gehen“, erklärt Thorsten Wegener, Produzent beim Mutterunternehmen Studio 100. „Heidis Naturverbundenheit und Tierliebe sollten in unserer Neuerzählung weiterhin im Fokus stehen. Gleichzeitig wollten wir Unbekanntes der bisherigen Heidi-Erzählungen beleuchten, etwa die Rolle und die Hintergrundgeschichte des Großvaters.“

Kreativität trifft Struktur: Die Arbeitsweise bei Studio Isar Animation

 

Was Studio Isar Animation im deutschsprachigen Raum besonders macht, ist die Kombination aus einer ausgefeilten und fein abgestimmten Pipeline, die es den Artists ermöglicht, sich auf das Bild zu konzentrieren, und einer Unternehmenskultur mit flachen Hierarchien. Das gilt nicht nur für die Wertschätzung gegenüber kreativen Positionen, sondern auch für konkrete Strukturen: Kreative Departments werden früh in Entscheidungsprozesse eingebunden, tägliche Stand-up-Meetings ermöglichen eine Agilität diesbezüglich sowie eine flüssige Kommunikation. Bei neuen Projekten hat das visuelle Kernteam von Anfang an Mitgestaltungsrecht bei Stil- und Entwicklungsfragen.

Technologisch setzt Studio Isar Animation auf ein bewährtes, aber hochmodernes Setup: Maya für Modellierung, Substance Painter fürs Texturieren, Katana und RenderMan im Bereich Lighting sowie Nuke für Compositing – Tools, die sich international in Topstudios etabliert haben. Entscheidend ist jedoch nicht nur die Technik, sondern wie sie eingesetzt wird. Studio Isar Animation baut kontinuierlich das Wissen im Team auf, integriert neue Software-Features frühzeitig in die Pipeline, darunter auch KI-Tools. Seine Abläufe entwickelt das Münchner Studio mit jeder neuen Produktion weiter. Die notwendige Flexibilität – besonders im Rahmen von Co-Produktionen – garantiert die hauseigene Renderfarm, wie Laura Langhammer betont. „Wir setzen hier bewusst auf ein Inhouse Set-up. Freie Kapazitäten vermieten wir in Zeiten geringerer Auslastung – das schafft Flexibilität. Cloud-Ressourcen setzen wir punktuell und gezielt ein.“

Das internationale Team – aktuell rund 25 festangestellte Mitarbeitende – wird durch gezielte Nachwuchsförderung erweitert und im Bedarfsfall durch ein Netzwerk an bewährten Freelancern ergänzt. Kontakte zur HFF München und anderen Ausbildungsstätten spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Möglichkeit, über Projekte langfristig Wissen im Studio zu halten. Von diesen Synergien am Standort lebt das Studio Isar Animation. Durch die zentrale Lage in Europa bietet München, so Langhammer, die idealen Voraussetzungen für eine internationale Zusammenarbeit. Und der direkte Draht zum Mutterhaus Studio 100 International schafft kurze Entscheidungswege im Produktionsalltag. „Die Stadt ist aber natürlich auch einfach ein großartiger Ort zum Leben“, meint die Studiochefin, die es wie viele ihrer Kolleg:innen genießt, täglich mit dem Radl an ihren Schreibtisch fahren zu können.

 

Bannerbild: LEONINE

Über den Autor/die Autorin

Chris Schinke

Chris Schinke ist freier Kultur- und Medienjournalist in München. Sein Schwerpunkt liegt auf der Film- und Entertainmentbranche sowie ihrem technologischen Wandel. Regelmäßig veröffentlicht er in Fach- und Branchenmagazinen sowie in überregionalen Tageszeitungen.

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