Cornelius Martens von „Pasta!“: Die Haptik macht’s

Von Florentina Czerny
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Foto: Weichselbaumer/Pasta!

Ein kostenloses Genusskultur-Magazin“ in einer Kleinstadt – kann das funktionieren? Seit mittlerweile 25 Jahren gibt es in Passau die Pasta!, die sich mit Essen, Kulinarik und der regionalen Gastronomie beschäftigt. Herausgeber Cornelius Lloyd Martens spricht im Interview darüber, wie es das Magazin vom klassischen Stadtmagazin zum begehrten Magazin mit Coffeetable-Potenzial geschafft hat.

Herr Martens, was hat Sie dazu bewogen, in einer Kleinstadt wie Passau ein Genuss-Magazin zu gründen?

Cornelius Martens: Mein Geschäftspartner Till Gabriel und ich haben uns in den 90er Jahren im Studium in Passau kennengelernt. Wir haben sehr schnell festgestellt, dass uns das lokale Magazinangebot einfach nicht abholt. Das lag insbesondere an der Gestaltung, aber auch an den Themen. Wir haben da eine Nische für uns gesehen und kurzerhand ein eigenes Magazin gegründet. Inhaltlich haben wir als gewöhnliches Stadtmagazin begonnen, den Fokus auf die Genusskultur haben wir erst 2017 gelegt. Uns zu spezialisieren, war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten.

Wie sah die Medienlandschaft bei eurer Gründung vor 25 Jahren in Passau aus?

Martens: Wir haben hier die „Passauer Neue Presse“ vor der Haustür, die als Tages- und Wochenzeitung damals wie heute ein wichtiges journalistisches Medium ist, aber natürlich immer schon einen ganz anderen Schwerpunkt hatte. Außerdem gab es schon ein Stadtmagazin, das als kostenloses und wöchentlich erscheinendes Magazin einen ähnlichen Markt bediente. Die „INNSIDE“ hatte schon immer einen kulturellen Fokus. Seit den 2000er Jahren gibt es außerdem die „PAparazzi“, ebenfalls ein Monatsmagazin, das sich auf Lifestyle konzentriert. Wir existieren friedlich nebeneinander, jeder hat seine Nische und Zielgruppe gefunden.

Layout, Haptik und Glaubwürdigkeit: Darauf legen die Pasta!-Herausgeber besonders wert

Wer euer Printmagazin einmal in der Hand hat, merkt sofort: Die Pasta! ist ein sehr hochwertiges Produkt. Worauf legt ihr besonderen Wert?

Martens: Da wir ursprünglich nicht aus der journalistischen Ecke kommen, sondern eine Werbeagentur sind, ist für uns die Optik unheimlich wichtig: Wir wollen ein ansprechendes Produkt herausgeben. Alle Bilder, die wir im Magazin abdrucken, stammen von einem einzigen Fotografen bzw. einem Fotostudio. Wir beschäftigen uns intensiv mit Papier, Grafik und Haptik – das kennen wir von unserer täglichen Arbeit als Werbeagentur. Dadurch haben wir für die Pasta! einen ganz eigenen Stil entwickelt, der laut Aussage vieler Leser:innen einen Coffetable-Effekt hat.

Neben der Gestaltung ist uns vor allem auch unsere Glaubwürdigkeit wichtig - als Restaurant-Kritiker und Autoren. Wir lassen uns beispielsweise niemals einladen, weil es uns wichtig ist, unabhängig zu bleiben und unverfälschte, ehrliche Bewertungen zu schreiben. Dass wir seit der Pandemie nur noch alle zwei Monate erscheinen, gibt uns zudem die Chance, tiefer in die Themen einzusteigen. Hier in der Redaktion brauen wir zum Beispiel selber Bier auf einer 25 Liter-Mini-Brauanlage. Warum? Betriebswirtschaftlich ist das komplett sinnlos. Wir wollen unseren lokalen Brauereien aber zeigen, was bei Bier möglich ist – wir experimentieren mit unterschiedlichsten Hopfen und Malzsorten und stehen mit nahezu allen regionalen Brauereien in engem Austausch; die Braumeister verkosten regelmäßig interessiert unsere Biere.

Wie ist eure Redaktion aufgestellt?

Martens: 2017 war ein Wendepunkt für uns. Wir haben uns überlegt: Wo liegt unsere Kernkompetenz und worauf haben wir inhaltlich wirklich Lust? Wir haben beschlossen, dass wir das Magazin zu zweit neu erfinden müssen. Vorher hatten wir etliche Auszubildende, Festangestellte, Grafiker, Redaktionsleiter und freie Mitarbeiter im Unternehmen. Die Entscheidung, zu zweit weiterzumachen, haben wir in erster Linie nicht aus finanziellen Gründen getroffen, sondern weil wir dem Magazin einen sehr spezifischen Schwerpunkt, den Genuss, geben wollten. Wir glauben, dafür die die nötige Expertise mitzubringen. Till Gabriel und ich haben früher viele Jahre nebenbei eine Jazz- und Cocktailbar in Passau betrieben. Mittlerweile sitzen wir vor dem Tresen, aber wir wissen, wie es ist, dahinter zu stehen. Wir kennen die Arbeitsweisen, Nöte und Sorgen der Gastronom:innen und sind dadurch glaubwürdig – sowohl für Leser, als auch für Kunden, quasi auf beiden Seiten des Tresens.

 

»Die Pasta! ist in der Region bekannt und geschätzt – und seit 2017 weiß auch jede:r, wofür wir stehen: für Genuss. An uns wenden sich Kunden, die in einem hochwertigen Umfeld werben wollen, weil sie selbst hochwertige Produkte oder Dienstleistungen anbieten.«

Cornelius Lloyd Martens

Foto: Weichselbaumer/Pasta!

Die Pasta! erscheint alle zwei Monate komplett kostenlos – wie kann das finanziell funktionieren?

Martens: Wir finanzieren die Pasta! komplett mit Werbeeinnahmen. Dadurch können wir den Druck trotz massiv gestiegener Kosten finanzieren. Wir müssen aber auch ehrlich sagen: Allein von dem Magazin könnten wir mit zwei Geschäftsführergehältern, Druck, Verteilung und Grafik nicht leben. Das ist nur möglich, weil wir als Werbeagentur auch andere Projekte umsetzen. Wir arbeiten auch in diesem Bereich ausschließlich für die Food & Beverage-Branche – und da kommt uns die Pasta! zur Hilfe: Durch sie gewinnen wir immer wieder Kunden, die sich ein ähnlich hochwertiges Produkt wünschen.

In den vergangenen Jahren wurde der Werbemarkt für Printprodukte immer schwerer zu erschließen. Wie sehr spürt ihr diese Entwicklung?

Martens: Wir haben das Glück, dass wir kaum noch aktiv auf Anzeigenakquise gehen müssen, sondern die Kunden von sich aus auf uns zukommen. Die Pasta! ist in der Region bekannt und geschätzt – und seit 2017 weiß auch jede:r, wofür wir stehen: für Genuss. Durch diesen in der Region einzigartigen Schwerpunkt gewinnen wir aber nicht nur Kunden aus der Kulinarik, sondern auch Brauereien, Hotels, Thermen, Badhersteller, Modeunternehmen und Küchenhersteller, um nur einige zu nennen. Im Grunde wenden sich Kunden an uns, die in einem hochwertigen Umfeld werben wollen, weil sie selbst hochwertige Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Die meisten Kunden, die wir haben, werben übrigens nicht nur einmal. Viele sind schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten dabei.

Die Pasta! hat als kostenloses Magazin eine größere Reichweite

Warum ist euch wichtig, dass das Magazin für eure Leser:innen kostenlos bleibt?

Martens: Wir bekommen immer wieder das Feedback, dass wir die Pasta! locker verkaufen könnten, weil das Magazin so hochwertig ist. Für uns ist das eine schöne Auszeichnung, wir wollen das aber nicht. Wir haben eine Auflage von 10.000 Stück und unsere mehr als 550 Auslagestellen in der Region berichten uns regelmäßig, dass alle Exemplare vergriffen sind. Wir wählen die Verteilstellen selbst aus und sind genau da, wo wir sein wollen. Für einen Verkauf bräuchten wir eine ganz andere Logistik und wenn wir ganz ehrlich sind: Würden wir etwas für das Heft verlangen, würden wir niemals alle Exemplare verkaufen. Wir schaffen eine viel größere Reichweite, wenn die Pasta! kostenlos bleibt.

Mit ansprechender Optik und hochwertiger Haptik hat es die Pasta! in Passau vom Stadtmagazin zum begehrten Coffeetable-Produkt geschafft.

Gibt es Situationen, die Sie als Herausgeber ins Schwitzen bringen?

Martens: Als Genussmagazin sind wir von der Gastronomie abhängig. Als die Gastronomie im Lockdown schließen musste, war auch unser Geschäft weg. 2020 und 2021 konnten wir viele Ausgaben nicht herausbringen. Das war schon bitter. Das Jahrhunderthochwasser 2013 sorgte in Passau ebenfalls für eine große Krise. Viele Restaurants haben danach für Jahre nicht mehr geöffnet. Das war nicht nur für die Gastronomie, sondern auch für uns eine Katastrophe: Keiner macht Werbung für ein Lokal, das geschlossen ist. Und wir können dort auch keine Pasta! verteilen.

Cornelius Martens: Die Themensuche für das Magazin ist das Anspruchsvollste

Passau und Umgebung sind ein relativ kleines Verbreitungsgebiet, das gastronomische Angebot ist begrenzt. Wie findet ihr nach so vielen Jahren immer noch neue, spannende Themen?

Martens: Das ist das Aufwendigste an unserer Arbeit: Immer wieder müssen Themen identifiziert werden, die unsere Leser:innen - und auch uns selbst! - interessieren. Als wir unseren kulinarischen Fokus gesetzt haben, haben uns viele für wahnsinnig gehalten und vorhergesagt, dass wir uns nach den ersten sechs Ausgaben inhaltlich im Kreis drehen würden. Tatsächlich ist es aber so, dass wir das Feld seit sieben Jahren besetzen und wir noch immer neue Ansätze finden. Wir lösen zwar nicht mit jeder Ausgabe einen Hype aus. Manche Ideen etablieren sich aber wiederum sehr gut und entwickeln eine gute Eigendynamik.

Welche zum Beispiel?

Martens: Vor sieben Jahren hatten wir die Idee, die Passauer Eisdielen für unsere Sommerausgabe dazu zu bewegen, neue Eissorten zu kreieren und mit dem Verkauf einen guten Zweck zu unterstützen. Im ersten Jahr verkauften wir in den Eisdielen ganze 30.000 Aktionseiskugeln – es war ein voller Erfolg. Seitdem ist die Eisausgabe ein fester Bestandteil in unserem Jahresplan. Dieses Jahr ist unser Überthema der Bayerische Wald. Damit fordern wir auch unsere Gastronomen heraus, kreativ zu sein – und das ist echt cool! Für den einen ist der Bayerische Wald ein Schwammerl-Eis, für den anderen gehört ein Bier als Zutat dazu. Durch solche Projekte ist es uns als Magazin über die Jahre schon ein paar Mal gelungen, Essenstrends nach Passau zu holen.

Die jährliche Eis-Ausgabe der Pasta! ist nicht nur optisch und geschmacklich ein Highlight: Damit ist auch eine Aktion verbunden, bei der viele Passauer Eisdielen eine eigene Sorte kreieren. Beim Verkauf jeder Kugel wird ein bestimmter Betrag an ein Hilfsprojekt aus der Region gespendet. / Fotos: Weichselbaumer/Pasta!

Die jährliche Eis-Ausgabe der Pasta! ist nicht nur optisch und geschmacklich ein Highlight: Damit ist auch eine Aktion verbunden, bei der viele Passauer Eisdielen eine eigene Sorte kreieren. Beim Verkauf jeder Kugel wird ein bestimmter Betrag an ein Hilfsprojekt aus der Region gespendet. / Fotos: Weichselbaumer/Pasta!

Welche Rolle spielen digitale Formate für eure Arbeit?

Martens: Für uns war Corona in dieser Hinsicht ein Segen. Wie viele andere sind auch wir über Nacht zum Stehen gekommen und hatten zum ersten Mal die Gelegenheit, uns intensiv mit uns selbst zu beschäftigen. Welche Strategie fahren wir künftig? In der damaligen Situation war Social Media die einzige Möglichkeit, Kontakt zu unseren Kunden und Leser:innen zu halten. Wir haben während Corona Tausende Euro in To-go-Gutscheine von hier ansässigen Lokalen investiert und sie bei Gewinnspielen in Social Media verlost. Damit haben wir zum einen unsere Followerschaft aufgebaut und zum anderen den Gastronom:innen geholfen, die ihren Betrieb schließen mussten bzw. nur to go anbieten konnten. Heute produzieren wir täglich snackable Content – aktuell, sichtbar und glaubwürdig.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Könnte die Pasta! irgendwann komplett digital werden?

Martens: Wenn wir gezwungen sein sollten, das Magazin aus Kostengründen nur noch digital herauszubringen, dann hören wir auf. Das hätte für mich keinen Reiz mehr. Im Magazin geht es so viel um Haptik, um Gefühl – und wenn das nicht mehr gegeben ist, ist für uns die Zeit gekommen zu gehen. Ich plane unser Produkt für die nächsten drei bis fünf Jahre und könnte mir vorstellen, dass wir mit unserer Vorgehensweise in diesem Zeitraum gut aufgestellt sind. Für den Moment haben wir viele Fans und viele Kunden, die gerne mit uns zusammenarbeiten und einen konkreten Mehrwert davon haben. Solange die Nachfrage da ist und wir neue, spannende Themen finden, wird die Pasta! ein fester Bestandteil der Passauer Medienlandschaft bleiben – in gedruckter Form!



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