„Spotlight“ auf Tiktok: Constantin Film geht neue Werbewege

Als erstes Deutsches Produktionsunternehmen testet Constantin Film die Tiktok-Werbelösung Spotlight. Das Ziel: Seine Filme authentisch ins Scheinwerferlicht zu rücken und die junge Zielgruppe auf der Plattform noch besser kennenzulernen.

25.09.2025 6 Min. Lesezeit

Geht eine Generation, die das komplette Entertainment-Universum jederzeit auf dem Smartphone abrufen kann, überhaupt noch ins Kino? Fragt man Linda Fiolka und Eric Lehmann, lautet die Antwort ganz klar: ja. Seit 2022 leiten die beiden als Doppelspitze das Marketing für nationale und internationale Kino-, TV- und Streaming-Produktionen bei Constantin Film in München. Was junge Menschen im Kino sehen wollen, überrascht die Entertainment-Profis jedoch immer wieder. So wie 2023 bei „Sonne und Beton“, der Verfilmung des gleichnamigen Coming-of-Age-Romans von Felix Lobrecht: „Das war ein Titel, den keiner richtig auf dem Schirm hatte“, erinnert sich Eric Lehmann, der neben dem digitalen Marketing auch die digitalen Auftritte des Münchner Produktionshauses verantwortet. „Und dann waren die Kinos voller junger Menschen – einer Zielgruppe, die vermeintlich gar nicht mehr ins Kino geht.“

Neue Marketing-Wege auf TikTok

Ein Erfolg, der zeigt: Die jungen Zuschauer:innen sind da. Man muss sie nur auf den richtigen Kanälen und mit den richtigen Inhalten abholen. Um diese Zielgruppe zu erreichen, setzt Constantin Film zunehmend auf TikTok. Seit 2017 ist die Plattform in Deutschland verfügbar, der Anteil der Nutzer:innen im Alter von 14 bis 29 Jahren liegt mittlerweile bei 55 Prozent. „Wir sind mit TikTok schon in Gesprächen, seit die Plattform in Deutschland auf dem Markt ist“, sagt Linda Fiolka. „Unsere Ansprechpartner:innen dort sind wahnsinnig interessiert, offen und superkreativ. Das passt zu Constantin Film, aber auch allgemein zu unserer Branche. TikTok hat früh erkannt, dass Inhalte aus dem Film- und Entertainment-Bereich seine User:innen interessieren.“ Ein Ergebnis des langjährigen Austauschs ist, dass Constantin Film seit Juni 2025 als erstes deutsches Produktionsunternehmen die In-App-Werbelösung TikTok Spotlight testet. Zum Start wurden Kampagnen zu den Kinofilmen „Mädchen Mädchen“ und „Das Kanu des Manitu“ ausgespielt.

Wenn wir die junge Zielgruppe erreichen wollen, dann kommen wir nicht an TikTok vorbei. Und das wollen wir auch gar nicht.

Foto: Julian Baumann

Linda Fiolka

Für die Marketing-Expert:innen bei Constantin Film ergibt sich mit dem Spotlight-Tool nicht nur eine neue kreative Spielwiese, sondern auch eine Chance, näher an die vorwiegend junge Zielgruppe auf TikTok heranzukommen. Besonders spannend findet Fiolka die Verknüpfung zwischen der Kampagne und dem, was die Zielgruppe daraus macht. „Davon können wir sehr viel lernen und einen Mehrwert für unsere Kampagne schaffen – und dementsprechend auch für die Menschen, die ins Kino gehen.“ In die Aufbereitung der Inhalte für die erste Kampagne zu „Mädchen Mädchen“ investierte das Team um Fiolka und Lehmann viel Vorbereitungszeit. „Wir haben uns überlegt, was wir neben dem klassischen Content bereitstellen können“, erklärt Lehmann. „Also zum Beispiel Trailer oder Behind-the-Scenes-Material. Wir haben Filter gebaut, die Nutzer:innen einsetzen können, um User-Generated Content zu befeuern. Wir haben aber auch viel Meme-Content hergestellt, also plattformaffine Inhalte, um der Zielgruppe etwas anzubieten, das sie in ihren eigenen Videos weiterverwenden kann.“ Die ersten Erfahrungswerte sind durchweg positiv, wie Lehmann berichtet. „Wir sehen jetzt Inhalte, die wir vorher nicht gesehen haben. Die technische Verknüpfung zu unserem Film macht es möglich, User-Generated Content einzusammeln, den wir bisher übersehen haben. Und das ist unglaublich viel Content! Allein in einer Kampagne sind das Hunderte Videos und viele Millionen Views, die wir zuvor nicht sehen konnten.“

Community-Inhalte statt Werbepartnerschaften

 

Die in Spotlight sichtbaren, nutzergenerierten Inhalte sind allerdings nicht immer passend. Teilweise verknüpft das Werbetool automatisch User:innen-Beiträge, die nichts mit dem Film zu tun haben und händisch aussortiert werden müssen. Besonders kreative Beiträge nutzt das Marketing-Team dagegen in den eigenen Filmkampagnen und verschafft den Community-Inhalten zusätzliche Reichweite. „Neben den Materialien, die wir selbst herstellen, ist das eine neue Form, wie man an Zielgruppen herantritt: indem man über das Tool Creator:innen aus der Community entdeckt und ihnen eine Bühne gibt, ohne klassische Kooperationen mit Influencer:innen einzugehen. Das bietet uns viele zusätzliche Möglichkeiten“, resümiert Eric Lehmann.

Die Marketing-Spitze von Constantin Film: Linda Fiolka und Eric Lehmann. / Fotos: Julian Baumann
Die Büroräume von Constantin Film befinden sich im Herzen von Schwabing. Darin entdeckt man nicht nur Plakate bekannter Kinofilme, sondern auch Requisiten von vergangenen Projekten und den begehrten Deutschen Filmpreis. / Fotos: Julian Baumann
Die Büroräume von Constantin Film befinden sich im Herzen von Schwabing. Darin entdeckt man nicht nur Plakate bekannter Kinofilme, sondern auch Requisiten von vergangenen Projekten und den begehrten Deutschen Filmpreis. / Fotos: Julian Baumann
Die Büroräume von Constantin Film befinden sich im Herzen von Schwabing. Darin entdeckt man nicht nur Plakate bekannter Kinofilme, sondern auch Requisiten von vergangenen Projekten und den begehrten Deutschen Filmpreis. / Fotos: Julian Baumann
Die Büroräume von Constantin Film befinden sich im Herzen von Schwabing. Darin entdeckt man nicht nur Plakate bekannter Kinofilme, sondern auch Requisiten von vergangenen Projekten und den begehrten Deutschen Filmpreis. / Fotos: Julian Baumann





Wie funktioniert TikTok Spotlight?

TikTok Spotlight erkennt automatisch Beiträge, die sich auf einen bestimmten Film oder eine bestimmte Serie beziehen, und fügt ihnen einen Link hinzu. Ein Klick darauf führt zu einer eigenen Landingpage innerhalb von TikTok, die Details rund um den Film oder die Serie bündelt: Cast-Infos, Trailer, Making-of-Clips sowie von anderen Nutzer:innen erstellte Videos. So erhalten Inhalte aus der Community mehr Reichweite, was wiederum andere motiviert, ebenfalls Content zu erstellen und so selbst Teil der Kampagne zu werden. Über die Zielseite können Nutzer:innen außerdem direkt Kinotickets kaufen oder auf Streaming-Plattformen zugreifen.

Zwar arbeitet Constantin Film auch mit großen Creator:innen zusammen, wählt diese aber sehr individuell und bewusst aus. „Es geht nicht immer darum, ob die Creator:innen besonders viel Reichweite haben“, erklärt Linda Fiolka. „Manchmal macht es auch Sinn, wenn die Person eine kleinere Followerschaft hat, aber authentisch in dem ist, was sie erzählt.“ Entscheidend sei daher, sich genau anzusehen, wer zu Constantin Film passt.

Alte Produktionen neu entdeckt

 

Für das Marketing-Team ist es besonders spannend zu sehen, dass in der TikTok-Community nicht nur brandneue Blockbuster oder speziell für ein junges Publikum konzipierte Produktionen wie „Mädchen Mädchen“ funktionieren. Über die Plattform finden auch ältere Filme wie „Fack ju Göhte“ oder „Der Schuh des Manitu“ bei einer sehr jungen Zielgruppe Anklang, die diese Produktionen damals nicht im Kino gesehen hat. „Wir sehen, dass auch Inhalte aus unserer Bibliothek gut funktionieren. Das nutzen wir. Bei ‚Das Kanu des Manitu‘ konnte man mit ‚Der Schuh des Manitu‘-Content einen schönen Hype aufbauen. Die gewonnene Aufmerksamkeit leiten wir dann in die Kampagne zum aktuellen Film über“, erklärt Fiolka.

Auch über klassische Werbeformen ist die junge Zielgruppe weiterhin gut zu erreichen. Wir versuchen, vorab abzuwägen, was der richtige Weg ist. Wir testen viel und hoffen zum Kampagnenstart, dass wir auf die richtigen ​Inhalte gesetzt haben.

Foto: Julian Baumann

Eric Lehmann

Hinhören als Schlüssel für Authentizität

 

Neben dem richtigen Gespür für Titel, die junge Menschen interessieren, ist das Timing entscheidend. „Wer auf TikTok die jungen Zielgruppen erreichen will, muss sich früh darüber Gedanken machen, was zur Veröffentlichungszeit relevant sein könnte. Oder was zumindest nicht ‚alt‘ wirkt, wenn man damit um die Ecke kommt“, so Lehmann. „Das ist ein schmaler Grat, aber ich glaube, das Risiko lohnt sich.“ Um die junge Generation auf TikTok ins Kino zu locken, braucht es aus Linda Fiolkas Sicht vor allem zwei Dinge: Relevanz und Authentizität. „Beides klingt nach leeren Schlagworten, aber man merkt: Sprechen wir Themen an, die junge Menschen beschäftigen, mit denen sie interagieren und die Berührungspunkte mit ihrem Alltag haben, dann können wir Relevanz herstellen. Dann bieten wir tatsächlich etwas, das sie gerne in ihren Alltag einbinden wollen, weswegen sie ins Kino gehen und worüber sie sich danach austauschen.“ Der Schlüssel dabei ist Social Listening – über TikTok, aber auch über andere Kanäle wie Instagram oder Snapchat: „Wenn wir gut zuhören und schauen, was gerade passiert, merken wir, dass es viel Interaktion mit unseren Inhalten gibt.“

 

Bannerbild: Julian Baumann

Über den Autor/die Autorin

Stefanie Lindner

Steffi ist gebürtige Münchnerin, hat Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert und mehrere Jahre als freie Mitarbeiterin beim Bayerischen Rundfunk gearbeitet. Nach ihrem Volontariat bei einer Münchner Redaktionsagentur schreibt sie mittlerweile für verschiedene Medien und Unternehmen. Dabei vertieft sie sich in aktuelle Medienthemen und verwandelt sie in spannende Storys.

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